Sopha Selbsthilfe

Aktuell (Archiv 2010-Q1)

28.03.2010 :: Abwertung und Entwertung

Schaut man sich die gängige Kommunikation an, so ist schnell zu erkennen: Wenn Menschen etwas nicht passt, sind sie ganz schnell dabei, andere abzuwerten. "So ein Arschloch!" wäre eine konkrete Form der Abwertung. Schimpfwörter dienen dazu abzuwerten und der Phantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt, auf welche Arten man andere Menschen abwerten kann.

Wenn man seine Achtsamkeit auf das Thema Abwertung lenkt, erkennt man, wie oft überall davon Gebrauch gemacht wird. Es ist die geläufigste Angriffswaffe gegen andere Menschen, um seine Ziele durchzusetzen oder seinen Ärger auszudrücken.

Solche Angriffe sind nie wahr. Es gibt keine mehr oder weniger wertvollen Menschen. Alle Urteile und Bewertungen stammen nur wieder aus sehr begrenzten Sichtweisen der anderen. Keiner ist in der Lage, das ganze gelebte und kommende Leben eines anderen zu erkennen und darüber zu urteilen.

Bei Abwertungen wird eine ganz konkrete Situation genommen und daraus eine generalisierte Herabwürdigung gestrickt. "Weil du nicht machst, was ich will, bist du ein Blödmann!" Der Mensch wird als Ganzes niedergemacht.

Angriffe sind unwahr und eigentlich lächerlich. Wenn jemand sagt: "Die Sonne ist grün." dann würden wir vielleicht über diesen Unsinn lachen. Aber wenn jemand genau so was unsinniges wie "Arschloch" zu uns sagt, dann fühlen wir uns irgendwie angegriffen. Betroffen kann man sich aber nur dann fühlen, wenn man irgendwie der Meinung ist, der andere hätte recht.

Das zeigt auch auf, dass es vor allem ein eigener innerer Veränderungsprozess ist, damit Abwertung nichts mehr in uns bewirkt, weil wir es als Unsinn erkennen. Dieser Umlern- und Erkenntnisprozess ist nicht einfach, weil gerade viele, die unter Sozialphobie leiden, massive Abwertungen und Angriffe in ihrem Leben erfahren haben. Zu einer Zeit, in der sie noch nicht erkennen konnten, dass das alles Unsinn ist. So hat sich eine tiefe Überzeugung verinnerlicht, dass man in der Tat nichts wert ist. Und jeder neue Angriff heutzutage triggert wieder diese alten Erfahrungen und lange gewachsenen Überzeugungen.

Von der Abwertung trennen muss man die Bewertungs-Information, die da drin steckt. Natürlich können wir ungeschickt oder wenig durchdacht handeln. Natürlich können wir Verhalten an uns haben, was dazu geeignet ist, andere zu nerven. Wir können alle auch zerstörerisch und egoistisch handeln. Diesen Aspekt sollte man sich schon genauer anschauen.

Ein erster sinnvoller Schritt könnte sein, sich in einem solchen Moment zu sagen: "Was du da sagst, ist natürlich unwahr. Aber worum geht es dir denn eigentlich?" Der andere hat irgendeinen Ärger, irgendwas nervt ihn. Und hier kann man sich bemühen, den Grund kennenzulernen, warum der andere so reagiert. Es geht also darum, sich gar nicht mit dem konkreten Inhalt der Abwertung zu beschäftigen. Es ist völlig uninteressant, ob jemand "Arschloch" oder "Blödmann" oder sonstwas zu einem sagt. Das alles steht nur dafür, dass ihm gerade irgendwas nicht gefällt oder er uns irgendeinen Missstand mitteilen möchte.

Wenn man wirklich verstanden hat, was der andere will oder nicht will, dann kann man bei sich schauen. Kann man mühelos etwas verändern, damit das Zusammenleben besser funktioniert, dann ist die Situation recht schnell aufgelöst. Ist einem aber etwas wichtig, was den anderen stört, hat man einen Konflikt. Dann geht es darum, den irgendwie aufzulösen oder mitunter auch auszuhalten.

Konflikte entstehen auch oft dadurch, dass man sich missversteht oder Beweggründe nicht klar werden. Dann kann man darüber reden, um auf Verständnisebene eine Annäherung zu erreichen. Insofern der andere bereit dazu ist.

Und natürlich können wir auch erkennen, wo wir vielleicht wirklich ungeschickt handeln, um es dann besser zu machen.

Es braucht viel Übung, nicht immer wieder in die alten Mechanismen hineinzurutschen und sich wirklich entwerten zu lassen. Die Entwertung ist ein eigener innerer Prozess und hat mit dem anderen erstmal nichts zu tun. Jede Situation, in der man abgewertet wird, kann man auch als willkommene Übungssituation begrüßen. Sich darin zu üben, innerlich zu sich zu stehen und sich anzunehmen.

Die Angriffswaffe Abwertung funktioniert nur, wenn ich mitspiele.

Umgekehrt kann man sich darin üben, andere nicht abzuwerten, weil man auch hier garantiert irrt. Viel wertvoller ist es, genau herauszufinden, was einem nicht passt oder gefällt. Hierüber lernt man viel über sich und seine Bedürfnisse. Wenn man dem anderen klar mitteilen kann, was man will und was nicht, dann ist die Chance auch viel größer, den Konflikt bewältigen zu können.

Übrigens: Gerade die Menschen, die sich selbst oft nicht würdigen können und so wenig Selbstwert fühlen, neigen dazu, andere abzuwerten. Eine Abwertung des anderen führt gleichzeitig zu einer Erhöhung der eigenen Person. Hierüber wird also versucht, den Mangel an Selbstwertgefühl zu bewältigen. Von wirklicher Bewältigung kann man hier aber nicht sprechen, es funktioniert nur kurzfristig und muss ständig wiederholt werden. Von Sozialphobie Betroffene müssen aufpassen, diesen Irrweg der Abwertung anderer nicht selber zu gehen.

-- Fred

25.03.2010 :: Wanderung Ostermontag

Am Ostermontag, den 05.04.2010 ist eine Wanderung geplant. Wir treffen uns um 13 Uhr vor der Kontaktstelle für Selbsthilfe. Von da aus geht es dann vermutlich per Auto zu einem Ausflugsort. Wohin genau, steht noch nicht fest.

Wer Interesse hat, melde sich am besten vorher per Mail noch bei uns.

24.03.2010 :: Was riskieren, mutig sein

Bei Sozialphobie ist die Gefahr immer wieder groß, passiv, vermeidend und abwartend zu sein. Zu hoffen, dass es schon irgendwie von alleine werden wird. Passiv zu sein, ist zwar aus dem Moment heraus das Erträglichste, führt aber langfristig nicht aus der Problematik heraus. Es ist wichtig, hinzuschauen und sich aktiv mit seiner Problematik auseinanderzusetzen. Sozusagen, Verantwortung für seine Weiterentwicklung zu übernehmen. Und damit verbunden auch unangenehme Dinge auf sich zu nehmen.

Ich glaube, viele wissen das zumindest unbewusst. Wenn man mal rumfragt, welchen Therapeuten sich Betroffene wünschen, so hört man, dass auch ein Wunsch nach Konfrontation da ist. Man möchte jemanden, der aufrüttelt und auch mal fordernd ist. Ein Therapeut der klar und auch mal bestimmt ist, der sich nicht einlullen lässt. Keinen, der nur eine Friede-Freude-Eierkuchen Stimmung verbreitet. Weil man weiß, dass das zwar angenehm ist, aber irgendwie etwas fehlt, um weiter zu kommen.

Auch in der Selbsthilfe gibt es dieses Spannungsfeld: Einerseits eine Tendenz, es sich wohlig einzurichten und schwierige Themen zu vermeiden. Andererseits eine Unzufriedenheit, wenn alles nur seicht und oberflächlich ist.

In der Selbsthilfe gilt besonders, immer wieder für sich zu gucken, wo man sich fordern möchte. Grundsätzlich hat hier keiner den Job, andere regelmäßig aufzufordern, an sich zu arbeiten. Das entscheidet jeder für sich selbst. Möglichkeiten sind da, ob man sie nutzt, bleibt jedem überlassen.

Wir haben uns letztens mal mit anderen Selbsthilfegruppen über dieses Thema ausgetauscht. Eine gute Idee war, dass man in den Gruppen alle paar Monate rumfragt, was jeder für Ziele in der Gruppe hat, woran er arbeiten möchte. Das wirkt aktivierend. Genauso scheint auch Feedback wichtig zu sein. Wenn es einem auffällt, dass jemand seit Monaten in der Passivitätsfalle sitzt, dann kann es gut sein, dass einfach mal anzusprechen. Genauso, wenn man merkt, dass die Gruppe als Ganzes irgendwie schlaff wirkt. Sozusagen kollektives Vermeiden.

Eine unmittelbare Einflussmöglichkeit auf die Gruppe ist übrigens, einfach genau das zu tun, was einem fehlt. Wer sich in der Gruppe etwas traut, steckt gleichzeitig auch andere damit an. Er aktiviert auf direkte Weise die Gruppe. Denn in vielen steckt der große Wunsch, mutig zu sein, sich etwas zu trauen und so voran zu kommen.

Dazu passt das Lied "Stell dich" von PUR, was wir letztens hier schonmal vorgestellt haben: http://www.youtube.com/watch?v=AkaJe8FTwQ0&NR=1

-- Fred

24.03.2010 :: Heinz Rudolf Kunze - Leg nicht auf

Du bist einsam
dein Mund ist schmal wie Klingen
alle Menschen sind allein
wenn ihr Wunsch nicht mehr schlägt

19.03.2010 :: Laith Al-Deen - Leb den Tag

Ich leb den Tag!
Ich öffne die Augen
Und fang' ihn von vorne an.
Einen Tag,
ganz in dem Glauben,
dass er alles bedeuten kann.

(Song auf Youtube)

13.03.2010 :: Verzerrte Wahrnehmung

Das menschliche Gehirn ist ein musterbildendes System. Alles, was wir wahrnehmen, vergleichen wir mit alten Erfahrungen (=Muster). So können wir blitzschnell ein Etwas, was 4 Räder hat, als Auto erkennen, obwohl jedes Auto doch wieder anders aussieht. Wir erkennen Ähnlichkeiten.

So schön entlastend und wunderbar dieses System auch ist, es gibt Gefahren. Wir sehen nicht das, was jetzt im Moment gerade ist. Vielmehr werden alte ähnliche Erfahrungen aktiviert und was wir dann erleben, ist ein Gemisch aus Altem und Neuem.

Genauso, wie wir Gegenstände über abgespeicherte Muster wiedererkennen, verläuft es auch bei sozialen Interaktionsmustern. Ein bestimmte Geste, die ein Mensch macht, erinnert uns z.B. an eine frühe Bezugsperson. Wenn wir das damals schon nicht leiden konnten und darunter gelitten haben, werden wir auch die Person heute ablehnen. Weil die Person sich ähnlich verhält, empfinden wir, dass es die gleiche alte Erfahrung ist. Die Psychanalyse spricht hier von Übertragung.

Die Person heute kann aber trotz ähnlicher Gesten ganz anders sein.

Auf die Spitze getrieben könnte man sagen: Wir erleben ständig alles anders, als es wirklich ist. Wir können gar nicht erkennen, was wirklich im Moment passiert.

Manche Wahrnehmungen sind ganz stark von alten Erfahrungen überschattet. Die alte Prägung ist so stark, dass wir selbst ganz Offensichtliches im Hier und Jetzt nicht sehen können. Es sind vor allem die alten Verletzungen und schmerzvollen Erlebnisse, die stark reaktiviert werden und unsere Wahrnehmung beeinflussen.

So passiert es dann, dass uns jemand ehrlich was Nettes sagen will und wir das Gefühl haben, der greift uns an. Oder jemand guckt einen interessiert an und man hat das Gefühl, der macht sich innerlich gerade über uns lustig. Wir intepretieren alles Mögliche in Situationen, was real nicht da ist.

Wenn man das alles einmal verstanden hat, dann wird eins ganz klar: Es ist für die seelische Gesundheit ganz wichtig, seine Wahrnehmung zu schulen. Sein Leben lang.

Es geht dabei darum, differenzieren zu lernen, was damals war und was jetzt ist. Das Gehirn verführt uns dazu, nicht das zu sehen, was gerade wirklich passiert, sondern alte Muster erneut ablaufen zu lassen. Sich immer wieder ehrlich zu fragen "Was passiert jetzt im Moment wirklich?" ist eine grundlegend wichtige Orientierung.

In Selbsthilfegruppen kann man gut einen Realtitätscheck machen, in dem man andere fragt, wie sie etwas wahrnehmen. Man kann darüber reden, wie man etwas wahrnimmt und herausfinden, ob andere es ähnlich oder völlig anders wahrnehmen. Hierfür ist es wichtig, dass man eine offene und ehrliche Atmosphäre pflegt.

Seine alten seelischen Wunden kennenzulernen, hat hier auch eine zentrale Bedeutung. Denn die sind es vor allem, die einem immer wieder ganz stark die Realität verzerren. Man rutscht sozusagen in einen "Alten Film", der dann abläuft. Man kann lernen, immer früher zu erkennen, wann man wieder mal in einen alten Film abgleitet und die Realtität nur schlecht wahrnimmt. Man kann lernen, Abstand zu den alten Erfahrungen zu bekommen, um das Geschehen im Hier und Jetzt besser zu begreifen. Alte Wunden brauchen auch unsere Aufmerksamkeit, damit sie heilen können.

Im Aufspüren solcher alter Verletzungen und Prägungen können tiefenpsychologische Therapien sehr wertvoll sein. Therapeuten kennen die typischen Verletzungen und die ganzen Muster, die um sie herum entstehen. Das hilft, diese Problematik gemeinsam herauszuarbeiten, damit man schlussendlich selber klarer sehen kann, wie man "tickt".

Hier greift auch Selbsthilfegruppenarbeit und Therapie gut ineinander. Es ist oft so, dass tiefe Erkenntnisse in der konzentrierten therapeutischen Einzelarbeit gemacht werden. In der Gruppe kann diese Erkenntnis weiter wachsen und zu einem selbstverständlichen Teil der eigenen Person werden.

-- Fred

04.03.2010 :: Erinnerungs-Zettelchen

In einer Klinik, in der ich mal war, gehörte es dazu, das sich jeder Zettelchen an die Wände im Zimmer klebte. Dort schrieb man sich Dinge drauf, an die man regelmäßig erinnert werden wollte. Das waren vor allem gute Botschaften für Veränderungsprozesse. Jemand, der oft nur seine Aufmerksamkeit auf negative Dinge richtete, hatte z.B. "Achte auf das Schöne im Leben." an der Wand hängen. Wer ein geringes Selbstwertgefühl hatte, half sich mit dem Spruch: "Du bist wertvoll, genau so, wie du bist." oder "Du hast ein Recht, hier zu sein!"

Selbst auf dem Herren-Klo am Pissoir klebte der Spruch: "Loslassen, dann fließt es..."

Ich finde, solche Erinnerungen helfen, eine gute Orientierung aufrecht zu erhalten. In Therapie hat man oft schon vom Kopf her durchschaut, was schief läuft und in welche alten Muster man immer wieder hineinrutscht. Da braucht man im Alltag fortwährend Orientierungshilfen, die einem vor Auge führen, was zwar schon längst klar ist, man aber auch immer wieder vergisst. Die alten Prägungen sind einfach noch zu stark und ziehen einen in die falsche Richtung.

Gute Orientierungs-Sätze sollten möglichst positiv verfasst sein, also das ausdrücken, wo es hingehen soll. Der Satz: "Ich will nicht mehr so schüchtern sein." wäre in dieser Hinsicht keine gute Idee, weil man beschreibt, was man nicht will. Stattdessen das, was man eigentlich will: "Ich steh zu mir. Ich zeige mich so, wie ich bin."

Man findet auch immer wieder schöne Zitate, die einem helfen können. Auch die kann man sich an die Wand pinnen oder auf den Schreibtisch stellen.

Solche Erinnerungszettel sollte man öfters mal verändern. Man gewöhnt sich zu schnell an einen Zettel und beachtet ihn dann nicht mehr. Man kann es sich z.B. zum Ritual machen, an jedem Wochenanfang ein neues Wochen-Motto für sich zu finden. Dies begleitet einen dann durch die Woche.

Hier noch einige Anregungen für positive Affirmationen:

01.03.2010 :: Erfahrungen teilen

Es ist schön, wenn ein Gegenüber da ist, der Gleiches erlebt hat. Das verbindet und man fühlt sich verstanden. Das gilt für fast alle Lebensbereiche. Bleibt man hingegen mit Erfahrungen alleine, kann es schwierig werden. Das erleben vor allem Menschen, die irgendwie anders sind, als ihr Umfeld.

Das ist immer wieder das Schöne an der Selbsthilfe, dass man Menschen trifft, die ganz ähnliche Erfahrungen auch durchlebt haben. Sie können etwas anfangen mit dem, was einen selber betrifft. Vielleicht spürt man auch eine gemeinsame Wellenlänge oder eine Seelenverwandschaft. Menschen, die ganz ähnlich ticken, denen man sich nahe fühlt.

Man kann auch von Resonanz sprechen: Durch das, was ich mitteile, wird im anderen eine ähnliche Erfahrung angeregt. Und die kann dann wieder ausgedrückt werden.

Klar, bei sozialen Ängsten ist dieses Resonanzprinzip in der Gruppe auch öfters mal blockiert. Dann gibt es Pausen im Gesprächsfluss. Es lohnt sich, diese Pausen zuzulassen und anzunehmen. Nicht selten kommt dann doch wieder ein ganz natürlicher Redeimpuls.

01.03.2010 :: Auf das Entspannende achten

Wenn man in einer Angstsituation ist, fokussiert man typisch nur auf die Angst. Eine wertvolle Hilfe kann es sein, auf die entspannenden Momente zu achten. In jeder Situation gibt es auch Dinge, die einen entspannen oder die angenehm sind.

Als ich letztens zu einem schwierigen Termin musste, schien für einen Moment die Sonne sehr schön. Das gab mir Kraft und entspannte mich. Das war so eine Schlüsselerfahrung, doch immer auch auf der Lauer zu sein nach guten Fügungen.

Es gibt viel schönes, was man erblicken kann, wenn man drauf achtet.

-- Fred

27.02.2010 :: Was man erlebt

In der Selbsthilfegruppe sprechen wir ja über Erfahrungen und das, was wir erleben. Hier mal eine kleine Orientierung, was es so alles gibt:

  • Emotionen entstehen in uns meist aufgrund einer Wahrnehmung oder durch Gedanken. Einige Grundemotionen sind z.B. Freude, Wut, Ärger, Interesse, Furcht, Verachtung, Verzweiflung, Trauer, Überraschung, Neid, Stolz, Enttäuschung, Scham, Schuldgefühl.
  • Stimmungen begleiten uns im Gegensatz zu Emotionen längere Zeit und müssen nicht unbedingt einen konkreten Grund haben. Es gibt Grundstimmungen, die einen lange Zeit im Leben begleiten können, die man auch als Teil der Persönlichkeit sehen kann. Sie sind einem so gewohnt, dass man sie manchmal gar nicht mehr wahrnimmt. Stimmungen lassen sich meist in angenehm oder unangenehm unterteilen. Es gibt z.B. eine traurige Stimmung oder oder freudige Stimmung.
  • Körperempfindungen können in Verbindung mit Emotionen auftreten. So kann Angst z.B. ein Druckgefühl im Bauch entstehen lassen. Schmerz und Hunger wären auch typische Körperempfindungen.
  • Emotionaler Ausdruck - Emotionen können sich zeigen. Wer traurig ist, weint, wer Angst hat, zittert vielleicht. Wer wütend ist, schreit oder läuft rot an. Der emotionale Ausdruck kann auch hilfreich sein, damit andere Menschen wahrnehmen, wie es mir geht. Er kann aber auch als störend, hinderlich oder peinlich empfunden werden.
  • Gedanken können mir durch den Kopf gehen. Der Bereich der Gedanken ist sehr vielschichtig. Man kann analysieren, bewerten, Phantasien und innere Bilder entstehen lassen, Lösungen suchen, kreativ werden. Es gibt auch ein Wechselspiel zwischen Gedanken, Stimmungen und Emotionen. Gedanken können Emotionen auslösen, Emotionen können Gedanken anregen. Starke Ängste können Gedanken blockieren oder Stimmungen lenken die Gedanken, die auftauchen.
  • Bewertungen sind ein sehr wichtiger gedanklicher Prozess. Alles, was wir erleben, sortieren wir für uns ein. Wir bilden uns eine Meinung darüber, beziehen eine Position dazu. Manchmal auch Gleichgültigkeit. In Bewertungen spiegelt sich ganz viel unserer Persönlichkeit und unserer Erfahrungen.
  • Erlebnisse sind konkrete Dinge und Situationen, in denen man sich befunden hat. Sie sind der Kontext, der äußere Rahmen oder Zusammenhang, in dem man etwas erlebt. Der äußere Zusammenhang ist wichtig, um Emotionen, Gedanken, Bewertungen und Interaktionen zu verstehen. Im Laufe unseres Lebens machen wir immer wieder bedeutsame Erfahrungen, die starken Einfluss auf das weitere Leben haben.

21.02.2010 :: Umfrage Sozialphobie

Die bundesweite Vernetzung mit anderen Sozialphobie-Gruppen bringt uns eine Menge Möglichkeiten, die Arbeit in den Selbsthilfegruppen zu verbessern.

Derzeit macht der VSSPS eine Umfrage, die nochmal helfen kann, das Thema Sozialphobie besser zu verstehen. Wir werden auch von den Ergebnissen profitieren und euch darüber informieren.

Wir würden uns freuen, wenn ihr euch 3-5 Minuten Zeit für die Beantwortung von ein paar Fragen nehmen könnt.

Hier gehts zur Umfrage...

Die Ergebnisse der letzten großen Umfrage könnt ihr übrigens hier nachlesen: http://www.vssps.de/wissenschaftliche-aktivitaet-des-vssps

20.02.2010 :: Fassadenarbeit

Ich hab gerade eine CD zum Thema Selbstsicherheit gehört. Zuerst war die etwas befremdlich für mich. Da waren so Aufforderungen wie:

  • Spielen Sie nicht nervös mit dem Kugelschreiber und wippen Sie nicht mit den Füssen. Unterlassen Sie alles, womit man Ihnen die Nervösität ansehen kann.
  • Lassen Sie die Schultern los und entspannen Sie sich.
  • Gucken Sie nicht starr in eine Richtung, sondern gucken sie den Beteiligten im Gespräch in die Augen.

Befremdlich war für mich, dass es hier überhaupt nicht darum ging, sich mit Ängsten und Sozialphobie auseinanderzusetzen. Es ging vielmehr darum, alles was nach außen sichtbar wird, zu kontrollieren. Man soll lernen, durch bewusste Kontrolle eine selbstsichere Fassade aufzubauen. Erfolgreich in diesem Sinne ist der, der perfekt verbergen kann, dass er eine Menge Angst in sich hat. Und wem man klar seine Unsicherheit ansieht, muss noch viel dazulernen.

Dieser Ansatz ist in vielem völlig gegensätzlich zu dem, was man in Therapien lernt: Zu sich zu stehen, sich anzunehmen, authentisch zu sein, Gefühle zuzulassen, seine Ängste spüren usw. Wobei es einer Therapie normal auch um etwas ganz anderes geht: Ängste wirklich abzubauen, anstatt eine selbstsichere Fassade aufzubauen.

Sind beide Ansätze überhaupt integrierbar? Ich denke schon und beide machen ihren Sinn. Auf der einen Seite kann man durchaus lernen, mehr zu sich zu stehen, authentischer zu werden, Ängste zuzulassen. Es gibt genügend Lebensumfelder, wo man diese Form leben kann. Hier geht es nicht um verstecken der Angst, hier darf man sich zeigen. Auf der anderen Seite kann man auch durchaus mal in die Rolle schlüpfen, trotz Angst selbstsicher zu wirken. Das kann einem helfen, ernst genommen zu werden oder seine Ziele durchzusetzen.

Viele sind sowieso dazu verdammt, diese beiden Rollen zu spielen. Wir hatten mal einen Arzt in der Gruppe, der in einer Klinik arbeitete. Er sagte: "Wenn auch nur einer meiner Kollegen mir meine Unsicherheit ansehen würde, würde das sofort ausgenutzt. Wer in diesem Umfeld unsicher ist, hat ganz schnell ein Messer im Rücken."

Viele müssen im Arbeitsumfeld selbstsicher wirken. Das braucht es, um ernst genommen zu werden. Und auch sonst im Alltag kann das Sinn machen, wenn man sich mal irgendwo durchsetzen muss. Es ist eine Rolle, die man spielt, genauso wie man beim Pokern sich nicht anmerken lässt, was man wirklich denkt und fühlt.

Die Fähigkeit, eine selbstsichere Fassade aufbauen zu können, hilft ganz gewiss in mancher Alltagssituation.

Auf der anderen Seite ist die wirkliche Auseinandersetzung mit seinen Ängsten wichtig. In unseren Gruppen waren Menschen, die 40 Jahre erfolgreich im Berufsleben funktioniert haben und ihre Ängste verstecken konnten. Aber das Gefühl von Angst und innerer Unsicherheit hat sich während dieser Zeit nicht verändert. Es blieben immer wieder schlimme Erfahrungen. Es braucht hier eine ganz andere Auseinandersetzung mit seinen Ängsten. Hier geht es darum, an die Ursachen für Angst heranzukommen, so dass diese irgendwann gar nicht mehr entsteht. Oder das man lernt, Ängste entspannter durch sich hindurchfließen zu lassen. Auch eine Veränderung von Charakterstrukturen, die Ängste produzieren, ist wichtig.

Fassadenarbeit und Innere Auseinandersetzung - beides macht je nach Blickwinkel Sinn.

Es gibt allerdings auch Gefahren: Fassadenarbeiter verlieren schnell den Kontakt zu sich selbst und werden unbarmherzig gegen sich. Das wirkt sich eher negativ auf die eigene Psyche aus, verstärkt also Ängste und fördert Entfremdung.

Menschen, die sich intensiv mit ihrer Psyche auseinandersetzen und lernen, sich wichtiger zu nehmen, verlieren manchmal ihren Job oder wichtige soziale Bezüge. Weil sie nicht mehr so funktionieren, wie man es von Ihnen erwartet. Ich denke, es ist wichtig, nicht übers Ziel hinauszuschießen und behutsam Veränderungen auszuprobieren. Auch das Umfeld muss sich daran gewöhnen, dass man sich ändert. Neue Spielregeln müssen gefunden werden. Gerade Menschen, die in einer Klinik einen sehr intensiven Veränderungsprozess durchlebt haben, spüren im Alltag große Widerstände gegen diese neue Art zu sein.

-- Fred

19.02.2010 :: Bausteine der Selbsthilfearbeit

Der VSSPS ist ein Verband, der sich bundesweit für die Sozialphobie-Selbsthilfe engagiert. Auf der Homepage findet man einen recht interessanten Artikel über wichtige Bausteine der Selbsthilfearbeit.

Hier gehts zum Artikel...

Die Frage ist, was hilft in Selbsthilfe? Welche Gruppenorientierung ist förderlich, um das Thema Sozialphobie anzugehen?

Ein Artikel, der Sozialphobie-Selbsthilfegruppen Hilfestellung sein kann, ihre eigene förderliche Gruppenkultur zu finden.

15.02.2010 :: Nachreifen

Von der frühen Kindheit bis zum Jugendalter gibt es wichtige Entwicklungsphasen, in denen wir viel lernen. In jeder Entwicklungsphase brauchen wir etwas, damit sie gelingt. Das kann z.B. emotionale Zuwendung sein, oder das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Positive Zuwendung und Förderung unserer Persönlichkeit ist über lange Zeit notwendig. Genauso muss man seine Grenzen ausloten können und braucht Menschen, die einem Grenzen setzen. In der Pubertät ist vieles im Umbruch und wir brauchen Menschen, die uns Halt und Unterstützung geben.

Jeder wird in irgendeiner Entwicklungsphase Mangel erlebt haben. Man konnte sich nicht optimal entwickeln oder ist stecken geblieben. Nicht gemachte Erfahrungen sorgen auch heute noch dafür, das ein Mangel spürbar wird und Entwicklungsphasen nicht abgeschlossen sind.

Manche Psychotherapien sprechen davon, dass etwas nachreifen muss. Man geht nochmal alle Entwicklungsphasen durch und schaut, was gefehlt hat. Manches davon lässt sich heute noch nachholen. Gerade die körperorientierten Verfahren bieten viele Möglichkeiten, leibhaftig nochmal nachzunähren, was früher gefehlt hat. Oder auch, sich seiner Durchsetzungskraft bewusst zu werden, in dem man in kraftvollen körperlichen Ausdruck hineingeht. Körperorientierte Verfahren werden leider nur von einigen Kliniken kassenfinanziert angeboten, ambulant muss man sie in der Regel privat bezahlen.

Wenn einem durch tiefenpsychologische Therapie klar wird, woran es in der eigenen Biografie gefehlt hat, dann kann man auch lernen, sich selbst mehr Zuwendung zu geben. Um auch im Alltag mit vielen kleinen Schritten etwas in mir nachzunähren, mir Unterstützung zu geben. Denn unreflektiert ist man oft noch Täter und behandelt sich genauso abwertend, wie man behandelt wurde. Damit erhält man den Mangel aufrecht. In Therapie geht es ganz viel darum, einen wertschätzenderen Umgang mit sich selbst zu finden. Das schafft Bedingungen, dass Stück für Stück etwas in mir nachreift, sich vollenden kann oder das Wunden heilen.

Den Ansatz des "Nachreifens" finde ich sehr konstruktiv, lenkt er doch die Aufmerksamkeit auf das, was es braucht, um einen Mangel zu beseitigen.

Weblinks:

-- Fred

13.02.2010 :: Annett Louisan

Chancenlos

Das Gefühl

Eve

Fettnäpfchenwetthüpfen

11.02.2010 :: Flirten

In einer letzten Gruppe haben wir das Thema "Flirten" mal beleuchtet. Alles begann mit der Aussage in einem Buch, das flirten nicht nur eine erotische Annährung ist, um sich einem potenziellen Partner zuzuwenden. Es ist vielmehr weitläufiger zu sehen als eine Form angenehmer Kontaktaufnahme.

Charakteristisch für diese Form der Kommunikation ist z.B.:

  • eine freundlich-angenehme Atmosphäre aufbauen
  • sich Nettigkeiten sagen, dem anderen aufmerksam gegenüberzutreten, schmeichelnde oder anerkennende Worte zu finden. Hilfsbereit sein.
  • gemeinsames zu finden, worüber man sich verbunden fühlt. Nähe entstehen lassen.
  • Lachen, Humor, Witz
  • Lebensbejahende, leichte Gesprächsinhalte
  • Gefühlsbetonter Austausch, Ausdruck angenehmer Gefühle.
  • Offenheit und Zuneigung signalisieren
  • sich von seiner besten Seite zeigen, seine Stärken ausspielen
  • mitunter etwas provozierend-herauslockendes sagen

Ein Verkaufsgespräch hat z.B. auch einen gewissen Flirt-Charakter. Der Verkäufer versucht, eine angenehme Gesprächsatmosphäre herzustellen, in dem die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir gerne kaufen und zufrieden sind.

Wenn wir Menschen kennenlernen wollen, ist es ganz ähnlich: Eine angenehme Gesprächsatmosphäre erleichtert es, sich zu öffnen und sich näher zu kommen. Deshalb wählt man beim Smalltalk leichte, unverfängliche Themen und wälzt dort keine Probleme.

Flirten zu können, kann in vielen Lebenslagen hilfreich sein. Überall dort, wo wir mit Menschen zusammenarbeiten oder andere Menschen brauchen, kann es das Miteinander erleichtern. Flirten ist damit auch ein Bemühen um ein freundliches Miteinander.

Uns ist aufgefallen, dass man sich einerseits über Sozialphobie unterhalten kann. Das wäre der problemzentrierte Ansatz. Sich über Flirten zu unterhalten, wäre eher der lösungsorientierte Ansatz. Denn wer gut Flirten kann, hat ein Handwerkszeug, mit dem man soziale Situationen angenehm gestalten kann.

Allerdings muss man auch sehen, dass Ängste das Flirten sehr erschweren können. Ängste schnüren oft die geistigen Fähigkeiten stark ein. Man kann dann nicht mehr spontan oder witzig sein. Man hat keine Gesprächsideen mehr oder vergisst, was man sagen wollte. Kommunikation wird dann sehr anstrengend und unangenehm.

Trotzdem kann es helfen, wenn man sich dem Thema Flirten mal zuwendet und sich darin schult. Denn alles, was einem durch Übung vertraut ist, lässt sich auch in schwierigen Situationen abrufen.

-- Fred

09.02.2010 :: Fremdschämen

Wer von Sozialphobie betroffen ist, fürchtet sich in der Regel, in eine beschämende Situation hineinzukommen. Scham ist ein unglaublich schwer auszuhaltendes Gefühl. Es richtet sich gegen den Kern der eigenen Persönlichkeit.

Eine übertragene Form des Schämens ist das Fremdschämen. Man schämt sich für jemand anderen. Entweder schämt man sich für jemanden, der etwas tut, wofür man sich selbst schämen würde. Oder man erlebt jemanden, der sich gerade schämt und leidet mit. Man kommt in einen Gefühlskontakt, wird sozusagen mitfühlend und erlebt dann auch diese Scham. Natürlich nicht genau die selbe Scham, sondern eher das, wovon wir meinen, wie der andere sich jetzt wohl fühlen mag. Oder es aktiviert einfach nur unsere Scham.

Fremdscham ist ein schönes Übungsfeld, sich der Scham etwas zu nähern. Weil man ja doch eine gewisse Distanz dazu hat - man schämt sich ja nicht über sich - kann man vielleicht das mal zulassen und sich da hineinfühlen. Sich mal ausgelassen fremdschämen ;-) Anstatt das Gefühl gleich abzuwehren.

Warum soll ich mich in ein unangenehmes Gefühl hineinfühlen? Ist das nicht schon masochistisch? Therapie bedeutet an ganz vielen Stellen, annehmen was ist. Alles, was ich nicht annehmen kann, muss ich verdrängen, abspalten, darf nicht gefühlt werden. Das macht auf Dauer krank oder verbraucht eine Menge Kraft. Die Übung, hinzuschauen und hinzufühlen, kann helfen, abgespaltene Teile wieder zu integrieren.

Im besten Fall hieße das, dass man sein eigenes Schamgefühl gut annehmen kann und nicht mehr so darunter leidet. Und wenn Scham eigentlich nicht mehr sonderlich bedrohlich wirkt, verschwindet auch die Angst vor beschämenden Situationen. Und das wiederum macht lockerer in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Ein Therapeut sagte mir zum Abschluß einer Therapie: "Ich wünsche Ihnen möglichst viele peinliche Situationen!" und blinzelte mir dabei schelmisch zu. Ich schwankte zwischen "Frechheit" und "Im Grunde hat er Recht." Die Jahre danach war seine Aussage immer wieder eine Stütze für mich, wenn ich in beschämende Situationen hineinkam.

Fremdschämen kann ein guter Einstieg sein, sich dem Gefühl von Scham anzunähern.

-- Fred

05.02.2010 :: Götz Widmann - Ich liebe mich

http://www.youtube.com/watch?v=_eO6F6RzJD0

04.02.2010 :: Einsicht in Patientenakten

Heute kam im WDR5 ein interessanter Beitrag über Patientenrechte. Viele wissen es nicht und Ärzte sperren sich oft. Es gilt aber grundsätzlich, dass man ein Recht auf Einsicht in seine Patientenakte hat. Alles, was der Arzt oder auch Therapeut über einen dokumentiert hat, darf man einsehen. Auch hat man ein Recht darauf, Kopien davon zu erhalten. Die Kopiergebühren muss man allerdings selber tragen. Der Arzt muss einen auch Abkürzungen oder sonstige Unklarheiten erklären, damit man die Akte versteht.

Die Einsicht darf jederzeit geschehen, während der Behandlung, wie auch nach der Behandlung.

Ausgenommen sind persönliche Notizen oder subjektive Eindrücke des Mediziners.

Weblinks:

02.02.2010 :: Die Macht der Vorstellungen

Um all das, was wir meinen, glauben und denken, entsteht unsere eigene Sicht auf die Welt. Und diese Vorstellungen legen fest, wie wir die Welt erleben und was wir aus unserem Leben machen.

Jeder Mensch trägt falsche Vorstellungen und Glaubensmuster mit sich herum. Diese können fatale Folgen haben. Da gibt es Menschen, die eigentlich recht intelligent und kreativ sind, denen aber von früh auf gesagt wurde, dass sie dumm und nutzlos sind. Dieser Glaube hat sich so verfestigt, dass man sein wahres Potenzial nicht erkennt und lebt. Man glaubt an seine Unfähigkeit und kann nicht erkennen, dass man eigentlich fähig ist.

Es gibt auch Menschen, die haben überhöhte Vorstellungen von sich. Das sieht man in letzter Zeit bei so Sendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS). Da kommen Menschen hin, die fest davon überzeugt sind, sehr schön singen zu können. In Wirklichkeit ist es aber nur schräg und grauenvoll.

Apropos Wirklichkeit, was ist das eigentlich? Bei DSDS kann man sicherlich davon ausgehen, dass die Jury ein gutes Gefühl dafür hat, was die Masse als gut und angenehm empfindet. Sicherlich wird man auch objektiv bewerten können, ob jemand die Töne trifft oder den Text eines Liedes kennt. Dabei geht es noch nicht mal darum, ob man all das selber schön findet. Es geht eher darum, das zu präsentieren, was die Welt haben will. Also ein Gefühl für die Bedürfnisse der Menschen zu entwickeln und sich dahingehend auszurichten.

Die andere Seite von Wirklichkeit ist, was ich für stimmig halte. Sind die Dinge so, wie ich sie mir vorstelle oder doch ganz anders? Der Alltag ist eine ständige Konfrontation mit unseren Vorstellungen. Manche bewahrheiten sich, andere bekommen Gegenwind. Vorurteile sind ein schönes Beispiel dafür, das man falschen Vorstellungen aufsitzt.

Vermutlich würde sich das Leben vieler Menschen radikal ändern, wenn sich unmittelbar alle falschen Vorstellungen von sich und der Welt auflösen würden. Ich glaub, das würden wir gar nicht aushalten.

In Psychotherapie und Selbsthilfearbeit geht es viel darum, seinen falschen Vorstellungen auf die Schliche zu kommen oder seinen Horizont zu erweitern. Ich glaube, wenn wir mehr und mehr herausfinden, was wirklich ist, können wir unsere Möglichkeiten stark erweitern.

-- Fred

01.02.2010 :: Stell Dich

Ein schönes aufmunterndes Lied von PUR:

...stell dich, kneifen gilt nicht ... du kannst alles erfahren, wenn du wirklich willst ... stell dich vorbehaltlos hinter dich ... stell dich nicht nur in den Schatten ... stell die richtigen Fragen ... Frag dich was du willst ... stell dich etwas mehr heraus ... stell dir ein bessres Zeugnis aus ... stell dich endlich richtig vor ... stell dir vor, du läufst bergab ... stell dich, wenn es sein muss, um ... mach klar, wer du bist

28.01.2010 :: Volkswirtschaftlicher Nutzen Ehrenamt

Wir haben heute einen Fragebogen von der Kontaktstelle zugeschickt bekommen, über den ehrenamtliches Engagement zahlenmäßig erfasst werden soll. Ziel wird es sein, herauszufinden, wie viel volkswirtschaftlicher Nutzen durch ehrenamtliche Tätigkeiten entsteht.

Wir haben mal zusammengerechnet, wie viel Mann/Fraustunden wir in unsere Selbsthilfeaktivitäten investieren. Die Moderation der Gruppentreffen wird hierbei auch mit eingerechnet. Über das Jahr machen wir ungefähr 330 Stunden Gruppenarbeit. Im Hintergrund arbeiten wir etwa nochmal soviel für Öffentlichkeitsarbeit, bundesweiter Austausch, Fortbildung, Austausch Dortmunder Selbsthilfe, Vorbereitung der Gruppentreffen, Telefonkontakte, Mailkontakte, Vorbereitung von Workshops, Beantragung von Finanzmitteln usw. Insgesamt sind das dann 640 Stunden.

Würde man sich nun vorstellen, dass dieses Angebot mit einem realen Stundensatz von 50 Euro bezahlt werden müsste, würden Kosten von 32.000 Euro jährlich entstehen. Weil wir aber ehrenamtlich arbeiten, ist das der volkswirtschaftliche Nutzen - etwas, was der Gemeinschaft zu Gute kommt.

Dies zeigt, wie wichtig und wertvoll die Selbsthilfearbeit ist.

-- Fred

27.01.2010 :: Therapiegespräche trotz Sperrfrist

Wer eine Psychotherapie beendet, hat normal 2 Jahre Sperrfrist für eine neue Therapie. Oft kommt es aber vor, dass man zwischenzeitlich nochmal wenige Stunden braucht, um akute Krisen und Schwierigkeiten zu besprechen.

Nach Recherche im Internet ist dies seit 2007 möglich.

Hier ein Zitat dazu:

Daneben sind seit 2007 auch psychotherapeutische Gespräche (z.B. zur Krisenintervention nach Abschluss einer Psychotherapie) ohne speziellen Antrag in begrenztem Umfang möglich.
(Quelle: http://www.claus-gieseke.de/infos_zum_therapiebeginn.html)

Im konkreten Fall fragt man am besten seinen Psychotherapeuten.

Für die Krisenintervention und kurzfristige Gespräche gibt es übrigens in Dortmund auch das Krisenzentrum: http://www.krisenzentrum-dortmund.de

-- Fred

27.01.2010 :: Mein Bekenntnis zur Selbstachtung

...unter diesem Titel gibt es ein Dokument von Virginia Satir, was man gut im Internet findet. Hier z.B. eine Quelle:

http://www.claus-gieseke.de/files/satir_bekenntnis.pdf

Mir gefällt dieser Text sehr gut, er hilft, sich in all seinen Facetten immer wieder zu sehen und anzunehmen. Und er hilft, authentisch zu werden.

Virginia Satir hat uns schon vor gut 10 Jahren bei der Gründung der ersten Sopha-Gruppe stark beeinflusst. Ihre Gedanken darüber, wie Gruppenarbeit gut funktioniert, waren immer wieder hilfreich, um Orientierung und Richtung zu finden.

Es geht vor allem darum, dass jeder genug Raum bekommt, um sich mitzuteilen. Wenn ich schaue, was mich bewegt, was ich denke, meine und fühle, kann ich mich mehr und mehr kennenlernen. Auch mit meiner Widersprüchlichkeit, Verworrenheit und den ungelösten Themen. Wenn ich annehmend und mitfühlend hinschaue, kann sich mein Leben verändern. Aus einem tiefen Verstehen heraus werde ich die Antworten bekommen, die wichtig für mein Leben sind.

-- Fred

18.01.2010 :: Der blinde Fleck

Manchmal behindern uns Verhaltensweisen und Charakterstrukturen, von denen wir nichts wissen. Wir können sie nicht entdecken, weil sie so gewohnt sind und man sich gar nichts anderes vorstellen kann.

In Gesprächen z.B. ist man ein guter Zuhörer, fragt den anderen immer wieder was und bestätigt ihn. So kennt man sich, was anderes ist nicht vorstellbar. Gleichzeitig entsteht aber auch Frust darüber, dass die anderen anscheinend kein Interesse an mir haben. Oder so ein diffusses Gefühl, dass Kontakt oft anstrengend und irgendwie unharmonisch ist. Klar, es fehlt ja die andere Seite - das Reden über mich selbst.

Später in Therapie fällt dann vielleicht auf, dass aufgrund des eigenen Verhaltens Gespräche immer wieder so einseitig ablaufen. Früher dachte man, die anderen interessieren sich nicht für mich. Jetzt wird verständlich, dass man selber durch das eigene Verhalten auch viel dazu beigetragen hat, das Gespräche immer wieder so einseitig abliefen.

Jeder Mensch hat blinde Flecken - Verhalten und Gedanken, was einem nicht bewusst ist. Etwas, was gleichzeitig auch problematisch ist, woraus unbefriedigende Lebenssituationen entstehen.

Wie kommt man sich auf die Schliche? Wie kann man seine problematischen blinden Flecke erkennen?

In Einzeltherapie hat man den Vorteil, einem geschulten Therapeuten gegenüber zu sitzen, der wach und sensibel für solche blinden Flecken ist. Er kann einem die Augen öffnen in einem Maß, wie wir es auch verdauen können.

Die Gruppentherapie hat einen Vorteil: Der Therapeut erlebt mich in der Interaktion mit anderen Menschen. So können bestimmte Eigenarten im Kontakt nochmal wesentlich klarer zu Tage treten. Hier ist allerdings die Aufmerksamkeit durch den Therapeuten nicht so ausschließlich auf mich konzentriert.

In Selbsthilfegruppen kann man z.B. mit Feedback arbeiten. Es geht darum, mitzuteilen, wie jemand anderes auf mich wirkt und was das mit mir macht. Man könnte z.B. sagen: "Wenn ich mit dir rede, fühle ich mich gut verstanden. Du machst es mir leicht, von mir zu erzählen. Später aber hab ich schon öfters das Gefühl gehabt, dass du ja gar nicht zu Wort gekommen bist. Mir fällt auf, dass du nur ganz selten mal von dir was erzählst." Dieses Feedback teilt eine Wahrnehmung mit, die für den anderen ein Impuls sein kann, mal genauer hinzuschauen.

Eine Selbsthilfegruppe ist wie eine Therapiegruppe ein Interaktionsfeld, in dem Menschen miteinander in Kontakt treten. In dieser Interaktion werden Eigenarten spürbar. Hierüber kann man sich austauschen, darüber reden. Es gibt konstruktive Formen, über all das zu reden, was in einem ausgelöst wird und wie man etwas wahrnimmt. In diesem Austausch können wir unsere blinden Flecken kennenlernen.

Es braucht hier auch Achtsamkeit und Respekt, blinde Flecken sind nicht selten auch wunde Punkte.

Genauso können wir unsere Eigenarten kennenlernen, die wir mögen und wollen. Erst im Kontakt mit anderen kann man sich selber richtig kennenlernen.

-- Fred

14.01.2010 :: Verdrängen

Wir haben in der Gruppe ein Mindmap zum Thema Verdrängen gemacht.

Hier als pdf...

Weblinks:

14.01.2010 :: Erinnern

In der therapeutischen Auseinandersetzung mit sich ist das Erinnern etwas ganz wesentliches. Arbeitet man tiefenpsychologisch oder biografisch, geht es oft darum, das Erlebte aufzuarbeiten. Dazu muss man es aber erstmal erinnern.

Einerseits ist es faszinierend, zu welchen Erinnerungsleistungen das menschliche Gehirn fähig ist. Es gibt Menschen - sogenannte Savants - die in einem bestimmten Bereich eine unglaubliche Erinnerungsgabe haben. Sie können sich haargenau an Begebenheiten erinnern, die Jahrzehnte zurückliegen. Oder sie wissen zehntausend Bücher auswendig. Dies zeigt die grunsätzliche Potenzialität unseres Gehirns. Es scheint, als wären bei jedem Menschen jede Menge Informationen abgespeichert, nur der Zugriff auf die Information ist oft unmöglich.

Aus der Bewusstseinsforschung weiß man, dass Bewusstseinsinhalte langsam verblassen. Erinnerungsspuren werden abstrakter und verschmelzen zu einer Erinnerungsspur, die nicht wieder in alle Einzelheiten aufgelöst werden kann. Viele kennen das aus Therapie: Man weiß nur noch so ungefähr, dass da mal was war, kann aber nicht mehr genau erinnern, wie es genau war.

Die Beschäftigung in Therapie mit Erlebten, was vielleicht schon lange Zeit zurückliegt, führt einen wieder an diese Erlebnisse heran. Sie werden wieder präsenter, sie werden aktiviert. Durch diese Aktivierung und die Beschäftigung damit, werden Erinnerungen wieder deutlicher und klarer. Das, was verblasst und weit weg war, wird wieder deutlicher und klarer sichtbar. Und auch wieder erlebbar bzw. spürbar.

Wozu dient die Erinnerung in der rückschauenden Psychotherapie? Es kann sein, dass es viele schmerzliche Erfahrungen in unserem Leben gegeben hat, die wir nicht verarbeitet haben. Wir konnten es zwar irgendwie aushalten und überstehen, aber es sitzt als etwas "Unerlöstes" in uns. Es ist noch da und es entfaltet im Unbewussten eine Wirkung. Es bestimmt unser Handeln und macht uns unfrei. Es führt zu inneren Konflikten und leidvollen Verhaltensweisen.

Ein Beispiel: Ein Kind wird von einer Autoritätsperson massiv angegriffen und fühlt sich dabei völlig minderwertig und unannehmbar. Das Kind macht also die Erfahrung: "Ich habe keine Daseinsberechtigung!" Das Kind konnte es zu dieser Zeit auch nicht verarbeiten oder reflektieren. Stattdessen hat sich die tiefe Überzeugung eingenistet, ein untragbar schlechter Mensch zu sein. Damit kann man natürlich nicht weiterleben, man muss diese Erfahrung verdrängen. Was aber verdrängt wird, wirkt trotzdem weiter. Als Erwachsener zweifelt dieser Mensch oft über sich, ob er überhaupt liebenswert und annehmbar ist. Er versteht nicht, wo diese Selbstzweifel überhaupt herkommen, denn im Hier und Jetzt war vielleicht überhaupt nichts. Er bekommt lediglich mit, dass auch kleinste Kritik ihn aus der Bahn wirft und massive Selbstzweifel auftauchen.

Der Zusammenhang zu der alten Erfahrung ist nicht bewusst, kann aber über Rückschau und Erinnerung in der Psychotherapie bewusst gemacht werden. In diesem Beispiel kann dann eine Reflexion nachgeholt werden: "Man hat mich damals falsch behandelt. Ich habe geglaubt, ich bin nichts wert. Aber aus heutiger Sicht weiß ich, das war eine falsche Überzeugung, die das damals in mir ausgelöst hat. Dieser Mensch, der mich so entwertet hat, hatte nicht das Recht dazu. Und er hatte Unrecht."

Nicht nur die Reflexion, auch der emotionale Kontakt zur alten Erfahrung und neue emotionale Zuwendung, kann diese alte Überzeugung verändern und die Wunde heilen. Wenn dies gelingt, kann man von der Integration abgespaltener Bewusstseinsinhalte sprechen.

In der Art kann man sich in der rückschauenden Therapie an alle schmerzlichen Erfahrungen erinnern und versuchen, diese zu integrieren.

Auf der anderen Seite kann man sich an Potenzial und Ressourcen erinnern. Ein Klassiker in unserer Gruppenarbeit ist die Frage: "Was kannst du gut?" Vielen fällt dazu nichts oder nur wenig ein. Sie können nur schlecht erinnern, was sie können, was sie gerne machen, welche positiven Eigenschaften sie haben.

Grund dafür ist oft eine fehlende Wertschätzung der eigenen Person. Was man nicht wertschätzt, das fällt einem nicht auf, das sieht man nicht. Großes therapeutisches Potenzial hat deshalb auch die Würdigung der eigenen Ressourcen und der positiven Eigenschaften.

Erinnerung ist auch wichtig, wenn es um kürzere Zeiträume geht. Wir machen in den Gruppen am Anfang immer eine Eröffnungsrunde. Hier geht es um Erinnerung: Was habe ich die letzten Tage erlebt? Was war wichtig? Was habe ich gedacht und gefühlt? Was beschäftigt mich?

Diese Erinnerung hat einiges an heilsamen Potenzial. Man übt damit, sich zu erinnern, sich sein Leben bewusster zu machen. Gleichzeitig reflektiert man über das, was man erlebt. Und das ist die Basis für die Frage: "Will ich so leben, wie ich gerade lebe?" oder auch "Was ist gut und was will ich fördern?" und "Wo will ich was ändern, weil es nicht gut für mich ist?". Für die Gruppenarbeit ist es grundsätzlich gut, sich an die letzten Tage zu erinnern, um in Kontakt damit zu kommen. Denn daraus entsteht ja der Stoff, worüber wir in der Gruppe reden. Das Mitteilen aktiviert gleichzeitig die anderen und man bekommt Kontakt zu dem, was die anderen gerade beschäftigt. Manches kann sich überschneiden und man findet so Gemeinsamkeiten. Oder es kommt Älteres wieder ins Bewusstsein, was andere gerade aktuell beschäftigt.

Interessant ist übrigens, dass man manches ganz klar erinnern kann, auch wenn es schon Jahre her ist. Ich erinnere mich an manche Aussagen meines Therapeuten, obwohl das schon 10 Jahre her ist. Es gibt manches, was große Bedeutung für uns hat und das bleibt irgendwie gut in Erinnerung. Manches davon hab ich erst viele Jahre später wirklich verstanden. Aber schon damals wusste ich irgendwie, es hat eine große Bedeutung für mich.

-- Fred

03.01.2010 :: Was macht Sinn im Leben?

Womit füllt man seine Zeit? Was ist wichtig, was unwichtig? Wozu ist man da? Muss man viel leisten, um sich gut zu fühlen? Kann man das Leben genießen?

Auf der Rückfahrt lief zufällig das Lied "Zum Leben" von Funny van Dannen im Radio, das passte wie Faust aufs Auge.

Hier eine schöne Cover-Version

Wer es pessimistischer mag, der höre "So enttäuscht vom Leben" von ihm:

Hier zum anhören

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