Sopha Selbsthilfe

Fred's Sozialphobie-Weblog (Archiv 2004)

04.12.04 Therapeut: mangelhaft

Es gibt sie - unverantwortliche und äußerst mangelhafte Therapeuten. Wir erfahren immer wieder mal von Betroffenen, die einfach Unglaubliches in Therapie erleben.

Die Bewertung von dem, worüber wir erfahren, ist sicherlich nicht immer ganz einfach. In Therapie kommt man an Gefühle von Ärger und Verletztheit heran und damit kann man kaum noch objektiv über etwas berichten. Oder es werden aus Ärger einfach Unwahrheiten verbreitet. Und doch gibt es immer wieder Storys, die sehr glaubwürdig sind oder die wir von Betroffenen hören, die uns gut vertraut sind und an deren Wahrhaftigkeit wir nicht zweifeln.

So auch letztens wieder. Ein Betroffener berichtet: Sein Therapeut rechnet über die Kasse ganz normal 50 min Sitzungen ab. Ihn lässt er aber regelmäßig 15-20 Minuten im Wartezimmer sitzen. Die Zeit wird nicht hinten dran gehängt, sondern es werden einfach nur die restlichen 30-35 Minuten für Therapie verwendet. Er selber hat in dem 1 Jahr Therapie, in denen das so lief, nie den Mut gehabt, diesen Missstand mal anzusprechen. Manchmal gab es auch Stunden, da sagte der Therapeut einfach: "Wissen sie was, sie sollten einfach mal in die Stadt gehen und ein wenig üben, ein paar Passanten anzusprechen." So schickte er ihn weg, die Erfahrungen wurden nicht besprochen und der Therapeut hatte freie Zeit. Einige wenige male ging er auch mit, sie setzten sich dann z.b. beide in ein Cafe, der Therapeut an einen anderen Tisch. Da saßen sie dann beide 30 Minuten, dann ging der Therapeut nach Hause und nichts wurde besprochen, auch nicht bei der nächsten Therapiesitzung. Natürlich rechnete der Therapeut für seinen Cafe-Aufenthalt, bei dem er absolut nichts leistete und keine Hilfe in irgendeiner Form war, eine Therapiestunde ab.

Nach einem Jahr wechselte er den Therapeuten und bei diesem fühlt er sich jetzt wohl. Dieser neue Therapeut empfand die Vorfälle in der vorherigen Therapie ebenfalls als ungeheuerlich und bestätigte auch nochmal, dass es so einige unfähige und verantwortunglose Therapeuten gibt, bei denen das eigene Wohl im Vordergrund steht und nicht das Bemühen um den Patienten.

Ein weiterer Fall, den eine Betroffene berichtet: Eine Therapeutin bietet eine Gruppentherapie an. In der Gruppenstunde schlägt sie vor, das alle gemeinsam ihre Praxis aufräumen und saubermachen. So putzen alle und verbringen die Zeit mit Arbeit. Ein therapeutischer Hintergrund lässt sich nicht erkennen, Erfahrungen wurden auch nicht besprochen. Zu einem weiteren Gruppentermin schlägt die Therapeutin vor, einen Einkaufsbummel zu machen. Während diesem kauft sie für sich selbst eine Menge Weihnachtsgeschenke ein, die anderen müssen öfters auf sie warten. Auch diese Erfahrungen in der Stadt werden nicht nachbesprochen. Es war ein Einkaufsbummel, wie jeder andere auch, mit dem Unterschied, dass alle die Therapeutin bezahlten, die nichts hilfreiches leistete.

Eine weitere Betroffene berichtet: Das 1 Jahr Therapie war für mich im Grunde immer Kaffeeklatsch. Wir tranken zusammen einen Kaffee nach dem anderen und der Therapeut war neugierig auf meine neuesten Storys, die ich mit Männern erlebte. Ihm machte es deutlich Lust, dem zuzuhören. Und ich erzählte im so immer mehr von all meinen Storys. Doch irgendwie geholfen hat er mir nicht. Er hat mir keinerlei Impulse gegeben, hat höchstens mal über das eine oder andere herzlich gelacht. Für mich war das das gleiche, als hätte ich es einer Freundin erzählt. Es kam absolut nichts von ihm. Nicht mal eine Nachfrage, wie ich mich bei was gefühlt habe, was das mit mir gemacht hat, ob ich das so wollte, wie ich gerne leben möchte, was meine Ziele sind, was für Bedürfnisse ich habe usw. Jetzt bin ich bei einem anderen Therapeuten und da erlebe ich erstmal, was Therapie bedeutet. Dort sind es keine oberflächlichen Gespräche, sondern er versteht es, mich durch Fragen oder Feedback auf Wesentliches aufmerksam zu machen. Die Gespräche bewegen mich immer sehr und sie wirken auch noch Tage nach. Ich habe jetzt das Gefühl, dass sich etwas verändert, auch wenn das nicht immer einfach ist.

Diese Erfahrungen unterstreichen mal wieder: Lasst sowas nicht mit euch machen! Nutzt die Möglichkeit, am Anfang zu mehreren Therapeuten zu gehen, bevor ihr euch entscheidet. Sprecht Missstände in der Therapie direkt an. Wenn das nicht möglich ist, sucht euch einen anderen Berater, Therapeuten oder Arzt, mit dem ihr sowas besprechen könnt. Auch in der Selbsthilfegruppe könnt ihr solche Missstände ansprechen und man kann gemeinsam überlegen, was man konkret unternehmen kann.

23.09.04 Tagesklinik Schwerte hat einen guten Ruf

In den letzten Jahren bin ich immer wieder Menschen begegnet, die als Patient in der Tagesklinik Schwerte waren. Die Resonanz ist fast durchweg sehr gut. Das ist schon was Außergewöhnliches, so viel gutes höre ich von anderen Einrichtungen nicht. In der offenen Gruppe ist gerade eine Frau wieder zurück von ihrem 6 wöchigen Aufenthalt dort. Sie ist ein ganzes Stück weitergekommen, hat so einiges gelernt. Wenn jemand also eine Tagesklinik sucht, dann ist Schwerte sicherlich eines der besten Orte hier im Umkreis.

23.09.04 Soziales Umfeld und Selbstvertrauen

Viele Menschen haben schon allein deshalb ein starkes Selbstvertrauen, weil sie in einem stärkenden sozialen Umfeld leben. Da sind Menschen, die sie unterstützen und auf die man sich verlassen kann. Etwas ganz Entscheidendes sind auch die Gedanken und Vorstellungen von der Welt, die man miteinander teilt. Das gibt Sicherheit, was das eigene Sein angeht. Wenn ich spüre, dass das, was ich so denke, meine und fühle, von anderen ähnlich erlebt oder getragen wird, dann gibt mir das das Gefühl, in Ordnung zu sein. Wenn andere mir sagen, was ihnen an mir gefällt, was sie schätzen, dann bekomme ich ein gutes Gefühl, ein Vertrauen zu mir.

Wie enorm stark ein Umfeld wirkt, konnte ich öfters beobachten. Da waren Menschen, die in unsere Gruppe kamen oder mit mir sprachen, die sich normal als sehr selbstsicher erlebten. Sie führten ein Leben, wo sie recht extrovertiert auf Menschen zugingen, wo sie der Welt mit Offenheit begegneten und das Gefühl hatten, allem gewachsen zu sein. Und auf einmal kam die Trennung vom Partner, kam Mobbing auf der Arbeit oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Irgendwie brach das soziale Umfeld zusammen. Durch die Trennung vom Partner löste sich auch der Bekanntenkreis des Partners auf. Und auf einmal standen sie alleine da. Und dann kam Panik und das Selbstwertgefühl brach völlig ein. Schüchternheit und Zurückgezogenheit entwickelten sich, sie konnten nicht mehr auf die Straße raus. Sie fühlten sich, als wären sie weniger wert als all den Menschen, denen sie jetzt begegneten. Sie erlebten sich in einer Art, die ziemlich das Gegenteil von dem war, was sie vorher von sich kannten.

Umgedreht erlebe ich immer wieder starke und selbstbewusste Menschen, die ein stabiles und nährendes soziales Umfeld haben. Sie können ihre Meinung auch dann noch gut vertreten, wenn es schwierig wird, gesehen und gehört zu werden. Sie wissen durch ihr Umfeld, dass es gut und wichtig ist, was sie zu sagen haben.

Bei Menschen mit sozialen Ängsten ist es oft so, dass nur wenig soziales Umfeld vorhanden ist. Und dies alleine führt schon dazu, dass das Selbstwertgefühl oft im Keller ist. Nur die Tatsache, dass man häufig und viel alleine ist.

Es gibt sicherlich Menschen, die aus sich heraus, völlig losgelöst vom Umfeld, ihre Wertschätzung für sich selbst beziehen können. Ich glaube, dass dies auch ein Lernziel für's Erwachsenwerden ist, zu einem guten Teil den Selbstwert unabhängig von anderen zu spüren und zu nähren. Sich seiner Fähigkeiten bewusst zu sein, die ja unabhängig von der Bewertung anderer existieren. Trotzdem glaube ich auch, dass es viele Menschen gibt, die dies nicht können, die ihren Wert hauptsächlich aus ihrem Umfeld beziehen.

Ein weiteres Problem bei Menschen mit sozialen Ängsten ist, dass sie oft zurückhaltend mit dem sind, was sie denken und fühlen. Genau dieses Mitteilen führt aber zu Sicherheit und Selbstvertrauen. Meine Gedanken- und Gefühlswelt findet dann nicht nur in mir statt, sondern ich teile sie mit der Um-Welt. Und diese spiegelt mir zurück, was sie davon hält. Dadurch baut sich Stück für Stück ein Gefühl auf, was ankommt, was umstritten ist, wo ich irre, wo ich anders als andere bin, wo andere ähnlich fühlen usw. So entsteht auch Verbundenheit, weil ich spüre, das Menschen ganz ähnlich denken, wie ich. Und umgedreht erleben andere, dass ich ähnlich denke und fühle, wie sie.

Es ist also wichtig, bei sozialen Ängsten auch immer zu schauen, ein gutes soziales Umfeld aufzubauen. Und zu lernen, sich mitzuteilen, etwas von seiner Innenwelt nach außen zu tragen.

Auch wenn Internet nicht das reale Leben ersetzt, so sind z.B. Foren, Chats und Mailinglisten eine gute Möglichkeit, sich mitzuteilen. Durch die Anonymität und Geschütztheit können sich viele schneller herauswagen. Man kann sich ausprobieren, kann schauen, wie das ankommt, was ich denke und fühle. Man lernt kennen, wie man auf die Welt wirkt. Und das gibt einem vielleicht ein Stück Sicherheit, auch in realen Beziehungen sich mehr zu öffnen.

Eine wesentliche Funktion der Selbsthilfegruppe für sozial ängstliche Menschen ist auch, ein Stück Umfeld zu haben, in dem ich mich austauschen kann. Das kann Selbstvertrauen entstehen lassen. Und es fordert mich, mich mitzuteilen, mich auszutauschen. Eine Gruppe ist für viele ganz wesentlich und wichtig. Immer wieder kommen Menschen zu uns, die merken, dass lediglich eine therapeutische Zweierbeziehung nicht ausreicht. Die ist wichtig. Es braucht jedoch auch den Austausch mit einer Gruppe, die Konfrontation mit dieser oft erstmal schwierig erlebten Situation. Wenn es gelingt, sich in so einer Gruppe mitzuteilen, dann ist das oft sehr wertvoll und hilfreich. Für manche ist auch die Gruppe erstmal die einzige Austauschmöglichkeit, das einzige soziale Umfeld, was sie haben. Ein Umfeld jedoch, wo ein Einstieg leicht möglich ist, weil man weiß, dass jeder dort irgendwie ähnliche Probleme hat, ähnlich denkt oder fühlt.

05.07.04 Psychiatrie Applerbeck Erfahrungen

Die Erfahrungen, die mir über die Psychiatrie Applerbeck herangetragen werden, sind immer wieder ganz unterschiedlich. Ich habe so das Gefühl, dass die Behandlungsqualität dort eine große Spannweite hat. Natürlich empfindet es subjektiv jeder anders, aber man kann schon aus dem Gesagten gewisse objektive Faktoren ableiten. Wenn ich z.B. höre, dass jemand innerhalb von 14 Tagen keinerlei Therapie hatte, dann ist das ein objektiver Fakt, insofern dies auch wirklich so war. Da ich aber von mehreren unabhängig ähnliche Berichte höre, kann man schon davon ausgehen, dass es da gewisse Mängel gibt.

Heute habe ich mit einer Frau gesprochen, die 8 Wochen in der psychosomatischen Station, Haus 5 war. Sie war hauptsächlich wegen Ängsten dort. Medikamentöse Behandlung erfolgte nicht, was auch in ihrem Interesse war. Die Therapien empfand sie als recht hilfreich und die Behandlungsintensität war schon recht gut: 3 mal in der Woche Gruppentherapie, mehrere Einzelgespräche, Kreativ-Therapien, Bewegungstherapie.

Nach ihrer Entlassung fühlte sie sich wieder recht gut und ist auch gleich wieder schrittweise in die Arbeit eingestiegen.

29.06.04 Angst annehmen

Es gibt ja schon so manche vermeintlich verrückte Sache, die man in Therapie lernen muss. Da will man die Angst nun loswerden und ein Therapeut sagt einem, du musst die Angst annehmen. Wie bitte? Da quält mich was und ich soll das auch noch annehmen?

Neu ist diese Sache für mich nicht und ich habe sie immer wieder von Therapeuten gehört. Und in mir keimten auch immer wieder Erkenntnisse auf, warum das gut und sinnvoll ist, warum der Weg aus der Angst im Annehmen der Angst liegt. In den letzten beiden Tagen ist mir das nochmal bewusst geworden. Es ist nämlich gar nicht so einfach, die Angst immer wieder anzunehmen, wenn sie doch andererseits einen so quält.

Wir diskutierten in der offenen Gruppe über das Thema Entscheidungen. Kann ich mich gut entscheiden? Jemand sagte, dass er sich immer gut entscheiden kann und dass er in Gedanken immer so entscheidet, als gäbe es seine Ängste gar nicht. Er überlegte also, ob er z.B. zu dieser Feier gehen soll und entschied sich dann dafür, weil er seine Ängste nicht berücksichtigte. Dann kam der Termin und er war unfähig da hin zu gehen, weil ihn die Ängste lähmten. Für mich war da so die Erkenntnis drin, dass man zu irrealen Entscheidungen kommt, wenn man Teile von sich ausblendet. Die Angst ist ja ein Teil von mir oder zumindest kann ich mit guter Wahrscheinlichkeit voraussehen, dass sie da oder dort auftreten wird und dass ich dann nicht mehr so fähig bin, wie sonst. Es ist in etwa so, als wenn man ein kaputtes Knie hat und jemand einen fragt, ob man morgen einen Ausdauerlauf mitmacht. Nach meiner Erfahrung weiß ich dann einfach, dass dieses kaputte Knie bis morgen nicht gesund sein wird und muss deshalb absagen. Diese Verletzung auszublenden führt zu irrealen Entscheidungen.

Ich kenne diese Diskrepanzen immer wieder aus meinem Leben. Ich habe mir vorgestellt, wie ich in bestimmten Situationen sein würde. Und diese Phantasien waren oft ohne Berücksichtigung der Angst und ich erlebte mich als sehr fähig. Wenn ich dann real in die Situation reinkam, merkte ich, wie wenig von dem übrigbleibt, was ich mir in Phantasie ausgemalt hatte. Die Angst lässt manchmal ziemlich wenig von meiner Ausdrucksfähigkeit übrig. Und dann war ich wieder enttäuscht und ärgerlich auf mich.

Wenn ich versuche, auch die Angst mit einzubeziehen und sie vorerst einmal anzunehmen, dann fühlt sich das realer und besser an. Mit vorerst meine ich, dass ich sie jetzt annehme aber dass ich sie nicht festzementieren will. Mittelfristig kann sich vieles ändern, aber wenn ich realistisch bin, dann weiß ich auch, dass bestimmte Ängste im Moment einfach Teil meines Lebens sind.

Es kommt noch was weiteres hinzu. Wenn ich mit meiner Angst auf Konfrontation und im Kampf bin, habe ich nicht wirklich das Gefühl, weiterzukommen. Das wurde mir heute morgen mal wieder klar. Seit Tagen ärgern mich so einige Ängste und ich würde sie am liebsten sofort weghaben. Ich will sie nicht mehr und lehne sie ab. Das funktioniert aber irgendwie nicht und führt nur zu mehr innerer Zerissenheit. Auch diese Ängste wieder anzunehmen, weil sie ja irgendeinen Sinn machen, den Grund dafür zu finden, hineinzuspüren, um in Kontakt mit dieser Angst zu kommen, um dann auch Antworten zu bekommen, was ich brauche, das erscheint mir der richtige Weg.

Ich stelle mir das so vor, dass Angst immer dann aufkommt, wenn irgendetwas in mir Gefahr wittert. Ob so eine Gefahr nun real da ist oder nicht, ist erstmal egal. Oft ist es ja so, dass man schmerzliche Erfahrungen gemacht hat und das sich dadurch sofort Ängste entwickeln, sobald solch eine Erfahrung wieder droht. Der Weg aus der Angst ist dann, immer wieder zu begreifen, was denn jetzt Angst macht, um dann zu schauen, ob das heute, hier und jetzt immer noch Gefahr bedeutet oder ob jetzt veränderte Bedingungen da sind, die Angst überflüssig machen, weil keine wirkliche Gefahr droht. Und immer dann muss ich Neubewertungen vornehmen, muss verstehen, dass das, was mir mal Angst gemacht hat, jetzt nicht mehr bedrohlich ist. Nur, um solche Neubewertungen überhaupt vornehmen zu können, muss ich sehr genau erfühlen, was es denn überhaupt ist, was mir gerade Angst macht. Wenn ich das nicht weiß, kann ich nur sehr schwer von einer Angst loslassen. Und wenn ich Angst ablehne, kann ich gar nichts erfühlen.

Ein Spruch, den man in therapeutischen Kreisen oft hört, ist auch: "Dort wo die Angst ist, ist der Weg."

15.06.04 Ich weiß was mit mir ist, bringt mir aber nichts

Viele kommen in Psychotherapie an diesen Punkt: "Wir haben über alles mögliche geredet und ich weiß jetzt wirklich so einiges über mich. Ich kenne meine Macken und Probleme. Nur genützt hat mir das auch nichts, es geht mir nicht besser oder ich hab mich nicht geändert."

Ich glaube, dass das etwas ganz normales und zum Prozess zugehöriges ist. Heute hatte ich in einem morgendlichen Traum ein schönes Bild dazu. Ich sah einen großen dicken Stein, vielleicht so ein Meter groß. Und über ihn plätscherte Wasser und hölte den Stein langsam aus. So ist das in Therapie. Wenn man weiß, was mit einem los ist, ist die Arbeit noch nicht getan. Dann weiß man erstmal, wo man das Wasser hinlaufen lassen muss. Und dann braucht es viel Zeit und man muss immer wieder den Wasserstrahl ausrichten.

Anfangs wird es sogar so sein, dass wir immer wieder in alten Verhaltensmustern festhängen und damit den Stein wieder stabilisieren und wachsen lassen. Immer wieder wird man sich jedoch daran erinnern, worauf es eigentlich ankommt, was man ändern muss, um ausgeglichener zu werden, um Probleme bewältigen zu können. Dann kann man den Wasserstrahl wieder richtig ausrichten und ihn auch dort halten, wo es sinnvoll ist. Das ist das täglich Brot eines Menschen, der sich Stück für Stück verändern will. Ausdauernd einen neu eingeschlagenen besseren Weg versuchen zu gehen.

Warum dauert es so viel Zeit und warum ist manches so schwierig zu ändern? Manche unserer Charaktereigenschaften, unserer Art, der Welt zu begegnen ist über lange Zeit gewachsen, ist zu unserer Natur geworden. Wir weichen vielleicht völlig automatisch Menschen und Kontakt aus, weil es irgendwie schwierig ist. Das machen wir vielleicht schon 20 oder 40 Jahre lang. So eine Gewohnheit ändert sich nicht mal eben so.

Das ist aber auch nicht mit allem so. Manches braucht wirklich viel Zeit und wird einem immer wieder das Leben schwer machen. Und manches lässt sich in Therapie wirklich recht schnell bewältigen. Nur: Das, was wir bewältigt haben, fällt uns gar nicht mehr auf, quält uns nicht und so sieht man das manchmal überhaupt nicht. Was man sieht, ist immer nur das, was noch quält, was noch schwierig ist. Das ist auch eine Kunst, die man in Therapie lernen kann: Bewusst auf das zu schauen, was schon bewältigt ist und dies auch wertschätzen zu können. Denn das gibt Energie und Lust, weiter zu machen. Das gibt Hoffnung, weil man so die Erfolge sieht.

12.06.04 Tanz der 5 Rhythmen mit David Rose

Das war schon ein ganz besonderer Event. Wir haben ja nun schon seit 1,5 Jahren eine Sopha-Tanzmeditationsgruppe. Ein Kernelement ist der Tanz der 5 Rhythmen nach Gabrielle Roth. Diese Form des Tanzes passt so schön zum Thema soziale Ängste, weil man damit die Hemmungen vor körperlicher Bewegung abbauen kann. Und es geht überhaupt um Ausdruck, sich zu zeigen, in Gefühle und Impulse hineinzugehen und diese durch den Körper hindurch in die Welt zu bringen.

Inspiriert wurde ich vor ein paar Jahren durch einen Klinikaufenthalt, wo wir viel getanzt haben. Später fuhr ich immer mal wieder nach Unna, wo Heike Fuhsy und Heera Müller nun schon seit einigen Jahren eine Gruppe anbieten, wo man 14 tägig Freitags in der Villa Vita den Tanz der 5 Rhythmen miteinander zelebriert.

Als wir mit der Tanzmeditationsgruppe anfingen, sollte der Tanz der 5 Rhythmen die Basis darstellen. Und wir wollten auch weitere Formen von Bewegungsmeditationen ausprobieren. So war es die letzten 1,5 Jahre auch, Tanz der 5 Rhythmen spielte immer wieder eine große Rolle. Daneben gab es Mantrasingen, Meditation der 4 Himmelsrichtungen, Brabbel-Meditation, Atem-Meditationen, Trance-Entspannungen, Körperwahrnehmungsübungen, Gehmeditation und Meditation in Stille.

Jetzt hatten wir das Glück, mit dem großen Meister und Kenner der 5 Rhythmen gemeinsam zu tanzen. David Rose kommt aus England und hat viele Jahre direkt mit Gabrielle Roth zusammengearbeitet. Er ist damit jemand, der einem die Essenz der 5 Rhythmen gut vermitteln kann.

Der Tanzabend fand in Witten statt. Neben David Rose waren auch Heera und Heike aus Unna da, die David unterstützten. Etwa 70 Leute waren an dem Abend anwesend, natürlich hauptsächlich Frauen. Ich zählte aber immerhin etwa 9 Männer. Unter den Männern hat sich diese interessante Form, sich zu spüren, noch nicht so recht rumgesprochen.

3 Stunde tanzen, ob ich das wohl durchhalte, dachte ich mir zuvor. Doch wir wurden so gut begleitet, dass die Zeit doch fast unbemerkt verging.

Für mich war es schon ein Highlight, ich habe mich schon lange nicht mehr so lebendig und emotional berührt gefühlt. Natürlich war die Extase im Chaos-Rhythmus echt beeindruckend, soviel Lebendigkeit und Befreitheit im ganzen Raum. Laut knallende Trommeln, die einen bis zur völligen Befreiung hochpushten. Das war Lebenslust pur.

Die letzte halbe Stunde merkte ich dann doch ein wenig Erschöpfung, ich wollte auch nicht mehr in Kontakt mit anderen Menschen, wollte nur noch für mich meinen Tanz tanzen. Und zum Schluß hätte ich am liebsten noch eine halbe Stunde auf der Matte gelegen. Aber dazu war irgendwie keine Zeit mehr.

Zum Schluß hatte ich jedenfalls das Gefühl: Das hier ist Leben. Ich habe das Leben mal wieder ein Stück ausgekostet.

Davids Quintessenz: Sei locker, entspann dich. Atme! Bewege deine Füsse, bleib immer in Bewegung. Schlafe nicht. Schlafen ist auch monotones Bewegen oder in Gedanken sein. Sei wach im Hier und Jetzt. Mache nichts sondern lass geschehen. Auch loslassen kann man nur einladen, nicht machen. Bleib bei dir, tanze deinen Tanz. Nimm die anderen wahr, schenke ihnen deine Aufmerksamkeit, tanze jedoch weiter deinen Tanz. Lass die Impulse und Emotionen durch deinen Körper hindurch fließen, halte nichts fest. Bewerte nicht, alles was kommt ist ok.

09.06.04 Therapie: Erkenntnis- und Ressourcen-orientierte Ansätze

In der technisch orientierten Welt begreift man einen Menschen schnell als Maschine: Es gibt ein Problem oder einen Defekt, also muss man diesen erstmal genau beschreiben, analysieren, um dann geeignete Massnahmen zu ergreifen, um das Problem zu beheben. In etwa wie bei einem Auto: Motor läuft unrund, Diagnosegerät sagt, das die Zündung nicht in Ordnung ist, Zündmodul muss ausgetauscht werden.

Es ist natürlich ein gangbarer Weg, so vorzugehen. Und in der Verhaltenstherapie wird so auch oft gearbeitet. Teilweise findet man das auch in analytisch orientierten Therapien.

Ein Mensch ist aber keine Maschine. Ein Mensch ist viel umfassender. Eine Maschine kann sich z.B. nicht selber heilen, sie muss repariert werden. Eine Maschine kann sich auch selber nicht verstehen, um dann selbständig für Abhilfe zu sorgen. Genau hier setzen wichtige weitere Therapieformen an - die Erkenntnis- und Ressourcenorientierten Ansätze.

Generell lässt sich nämlich ganz unabhängig vom Problem sagen: Je mehr Fähigkeiten ein Mensch hat, sich zu begreifen, um so größer die Chance, dass er selber bessere Lebenswege findet. Ähnliches gilt für Kreativität, Intelligenz, Bildung, Selbstwahrnehmung, Selbstausdruck und kommunikative Fähigkeiten. Immer dann, wenn ein Mensch seine Fähigkeiten oder Erfahrungen erweitert, ergeben sich neue Möglichkeiten.

Dieser Ansatz ist grundlegend anders: Man schaut überhaupt nicht in Richtung Problem. Man arbeitet gar nicht direkt am Problem. Man schafft sich jedoch Möglichkeiten, Fertigkeiten, Werkzeuge und Methoden, die einem helfen, ein besseres Leben zu führen.

So gesehen kann alles Neue, was mir im Leben begegnet, heilsam sein bzw. mir Wege oder Sichtweisen eröffnen, die zuvor nicht da waren. Ein schönes Beispiel ist eine Urlaubsreise, die zu Abstand vom Alltag führt und einem dadurch mal einen erweiterten Blick auf das eigene Leben ermöglicht. Vielleicht fällt einem dabei auf, dass man wichtige Bereiche nicht lebt und vielleicht bekommt man auch genug Kraft, daran was zu ändern.

Etwas ganz wesentliches, auf das man sich in Therapie konzentriert, ist die Selbstwahrnehmung und die Schulung der Selbstreflexion. Also zu spüren, was man fühlt, was in einem vorsich geht. Und dies auch ausdrücken und darüber nachdenken zu können. In diesem Prozess lässt sich unglaublich viel entdecken und begreifen. Zusammenhänge werden auf einmal klar, man versteht nun, warum man der ist, der man ist. Und daraus entstehen auch Lösungsansätze oder Orientierungen fürs eigene Leben.

Eine Schulung in diesem Bereich ist übrigens nicht nur für Menschen mit massiven Problemen interessant, es ist vielmehr ein wertvoller Schatz, der für jeden Menschen kostbare Entwicklungs-Chancen beinhaltet. Eigentlich sollte man sowas von so großer Bedeutung in der Schule lernen und lehren. Wieviele Menschen gibt es, die nicht ansatzweise wissen, was wirklich in ihnen vorgeht oder was sie fühlen.

Dieser Bereich der Selbstwahrnehmung und des Sich-Begreifens ist auch nie abgeschlossen, es ist ein fortwährender Lernprozess. Wir werden uns und die Umwelt nie gänzlich verstehen können. Wir können aber Stück für Stück mehr begreifen.

Neben diesem Bereich braucht ein Mensch auch Orientierung für gutes Leben. Was sind Illussionen? Was sind Konzepte, die nicht funktionieren, die nicht aufgehen? Was sind gute Einstellungen und Werte? Was fördert die eigene Entwicklung und was behindert sie? Worüber lohnt es sich, nachzudenken? Wo sollte ich mal meine Aufmerksamkeit hinlenken lenken, um zu erfahren, wie es mit mir an diesem Punkt steht? Hier Anregung zu bekommen, kann eigene Reifungsprozesse enorm beschleunigen.

Und dann gibt es auch noch die Möglichkeit, fernab eines konkreten Problems, mein Leben als Ganzes anzuschauen. Was fehlt in meinem Leben? Wo herrscht oder herrschte Mangel? Was wäre gut für mich? Was muss ich vielleicht nachholen? Wo zieht es mich hin? Wo stehe ich im Prozess des Lebens? Welche wichtigen Erfahrungen muss ich machen? In welchen Zusammenhängen lebe ich, welche Rolle nehme ich dort ein und was wären gute Veränderungen oder Fortentwicklungen? Das Ganze nicht aus dem Auge zu verlieren, ist immer wieder sehr wichtig, weil man sonst vielleicht nur an einem unbedeutendem Symptom rumdoktert.

Ein wichtiger Hintergrund, warum all diese Therapiemöglichkeiten Sinn machen, ist ja, dass der Mensch ein sich selbst organisierendes System ist. Ein Mensch hat die Fähigkeit, sich selbst zu heilen, sich um sich selbst zu kümmern, sein Leben zu beeinflussen. Das kann er dann um so besser, je mehr er über sich weiß und je mehr Ideen und Vorstellungen er davon hat, wie besseres Leben möglich ist. Das unterscheidet den Menschen von einer Maschine, die jemand reparieren muss.

Das Schöne an diesen Formen von Therapie ist, dass es den Menschen generell reicher. Allen zukünftigen Schwierigkeiten des Lebens kann mit mehr Fähigkeiten und Verständnis begegnet werden. Es ist ja ganz klar, dass Menschen, die sich selbst gut spüren und begreifen, was in ihnen vorgeht, besser darauf reagieren können. Moshe Feldenkrais sagte einmal "Du kannst nur tun was du willst, wenn du weißt, was du tust." Wer gut über sich bescheid weiß und Orientierung hat, ist ein guter Steuermann seines eigenen Lebens.

18.01.04 Mein Hund hat Angst

An meinem Hund kann ich das Phänomen Angst ein ganzes Stück besser begreifen. Ein Hund hat vieles, was auch ein Mensch hat, aber er kann nicht denken, reden und über sich reflektieren, wie wir das können. Er kann sich keine Gedanken um seine Ängste machen, kann sich keinen Mut zusprechen, kann nicht seine Gedanken verändern, um seine Ängste in den Griff zu bekommen.

Ich hatte mal eine Therapeutin, mit der ich lange darüber diskutierte, ob nun Gedanken Ängste auslösen. Sie beharrte auf der Meinung, zuerst wäre immer der Gedanke da und erst dann würden die Ängste durch den Gedanken ausgelöst. Folglich braucht man nur seine Gedanken kennenzulernen und zu ändern und damit würden die Ängste verschwinden. (Sie war eine Vertreterin der rational-emotiven Therapie nach Dr. Albert Ellis. http://www.ret-revt.de)

Ich hielt das für ziemlichen Blödsinn und es kam mir alles theoretisch vor, meine praktische Erfahrung war eine andere. Ich konnte ihr gut und gerne zustimmen, dass ich manchmal Gedanken habe, die Ängste und Sorgen auslösen. Das also Gedanken die Gefühle beeinflussen. Genauso gibt es aber auch einfach Gefühle, die entstehen, ohne das Gedanken diese ausgelöst hätten. Irgendwann kamen wir bei der Diskussion dort an, was denn überhaupt Gedanken sind.

Und jetzt finde ich diese Erfahrung mit meinem Hund sehr hilfreich. Mein Hund wird vermutlich nicht diese Möglichkeit haben, beim Gassi gehen sich Gedanken zu machen. Sobald es jedoch irgendwo knallt, zuckt er urplötzlich zusammen, der Schwanz senkt sich und er will sofort nach Hause. Er hat da irgendein Trauma. Immer wenn er einen Knall hört, ist er völlig verstört und ängstlich.

Zu Silvester ist es ganz schlimm, er geht dann überhaupt nicht mehr aus dem Haus. Und er zittert oft am ganzen Leib. Es ist ganz ähnlich wie beim Menschen. Er hat fürchterliche Angst. Und diese Angst ist nicht Gedanken-gesteuert. Nicht in dem Sinne, dass da ein beobachtbarer Gedanke im Geiste vorbeizieht, den man erkennen und benennen könnte. Externes Ereignis und Reaktion durch Angst sind fest miteinander verwoben. Und die Reaktion ist blitzschnell.

Ich glaube, dass sowohl der Mensch wie der Hund Gehirnregionen haben, die ganz ähnlich funktionieren und die deshalb jenseits des Denkens sind, die einen Menschen von einem Hund unterscheidet. Und ich glaube, dass diese Gehirnregionen auch ganz ähnlich therapiert werden müssen, dass also Therapie von Hund und Mensch auf dieser Ebene ganz ähnlich aussehen könnten.

Auf dieser Ebene wirken nicht primär Gespräche oder intellektuelle Auseinandersetzung. Sie können zwar irgendwo hinführen, schlussendlich braucht es aber eben irgendein Training, was wohl bei Mensch und Tier ganz ähnlich aussehen wird. Vielleicht ist das auch diese Erfahrung, die ich immer wieder in den Gruppen mal höre: "Dieses ganze Gerede hier oder beim Therapeuten bringt mich nicht wirklich weiter." Es zeigt vielleicht eine geahnte Wahrheit, dass es noch mehr braucht, als dieses reden. Es braucht irgendwelche Übungen, ein hineingehen in die Angst, eine Konfrontation und eine Veränderung in dieser Konfrontation.

Und es erklärt vielleicht den nächsten Wunsch, den viele immer wieder äußern: "Ich brauche einen Therapeuten, der mich mal in den Hintern tritt." Und sie meinen damit das Problem, dass sie eigentlich wissen, dass da was schwieriges zu tun ist, sie es selber jedoch nicht schaffen. Sie brauchen eine vertrauensvolle Person, die nicht auf all ihre Tricksereien reinfällt, sich um die eigentliche Konfrontation herumzuwinden. Sie brauchen einen Menschen, der sie mitfühlend aber unbeirrt in die richtige Richtung schickt, auch wenn das ein schwieriger Akt ist. Und gleichzeitig muss diese Person das rechte Maß kennen, was gut ist und wo es eher destruktiv wird. Denn oft verschätzen sich Betroffene auch. Weil sie so lange gelitten haben und ihre Eigenschaft kennen, sich immer wieder um die eigentliche Konfrontation herumzuwinden, wollen sie manchmal die Gewaltmethode: Jetzt aber richtig und mit aller Kraft. Ich glaube nicht, dass dies der richtige Ansatz ist. Ein Therapeut in einer Klinik sagte mal, dass das auch wieder Flucht ist - Flucht nach vorne. So, wie manche Soldaten an der Front vor Angst durchdrehen und dann völlig ungeschützt und wahnsinnig dem Feind entgegenlaufen und abgeknallt werden.

Ich durfte heute etwas Therapeut für meinen Hund spielen. Es knallte und wir waren noch keine 5 Minuten Gassi. Er wollte unbedingt zurück. Was soll ich nun machen? Ich dachte intuitiv, es ist nicht gut, jetzt wieder zurückzugehen. Ich muss schauen, dass wir da jetzt hindurchgehen, dass dieser Knall nicht so eine Macht bekommt. Sonst würden wir bald überhaupt nicht mehr rausgehen können. Ich wartete erst eine Weile. Sie wollte aber einfach nicht. Ich zog an ihr, doch sie war sturr wie ein Esel. Sie wollte nur noch zurück. Dann schob ich sie leicht an, lobte sie immer wieder, dass es ganz große Klasse sei, dass wir jetzt weitergehen. Sprach ihr so auch Mut zu, versuchte, etwas mit ihr zu spielen und sie abzulenken. Sozusagen die Fixierung auf den Knall zu lösen.

Nach 2 Minuten gelang das auch irgendwie und es war so, als hätte sie den Knall vergessen. Sie sprang wieder herum und tobte 5 Minuten später durch die Felder. Sie war voller Lebensenergie und es machte ihr sichtlich Freude, so herumzutoben. Und das gab mir irgendwie die Bestätigung, es war gut, dass ich ihr ein Stück den Weg gezeigt habe, da hindurchzugehen, sich nicht zurückzuziehen. Jetzt war es gut und sie konnte etwas genießen, was sie sonst nicht erlebt hätte. Diese geistige Haltung, die ich dabei hatte, lässt sich vielleicht am besten mit "bestimmt und mit Herz" beschreiben.

Ich empfinde solche Momente immer als eine unglaubliche Gradwanderung. Kippt man zu sehr in die eine Richtung, wird es streng und herzlos und im Extremfall destruktiv aggressiv. Kippt es in die andere Richtung wird es weich und strukturlos, Wischiwaschi. Letzteres sieht man den destruktiven Charakter nicht so an. Es führt aber eben nicht zur Entstehung einer Erfahrung, die in diesem Moment wichtig ist, um sich aus Ängsten zu befreien.

Was mich mein Hund noch lehrt: Solche Ängste stecken unheimlich tief und wirken stark. Man kann sie nicht mal durch ein paar Beschwichtigungen und positive Leitsätze oder Gedanken wegbekommen. Es passiert da etwas auf einer Ebene, was sich der Kontrolle durch Gedanken größtenteils entzieht. Mag sein, dass es Menschen gibt, die durch Training auch dies schaffen, das Normale ist es jedoch nicht.

Vielleicht ist mir dieser Gedanke so wichtig, weil mich manchmal so Bücher ziemlich aufregen, die behaupten, man bräuchte nur andere Gedanken, und schon ist die Welt wieder schön. Solchen Menschen wünschte ich manchmal für einen Tag ein paar heftige Ängste, damit sie am eigenen Körper mal erleben, welchen Dünnsinn sie da verbreiten. Und auch diese Therapeutin, die ich oben erwähnte, forderte mich in dieser Beziehung ganz schön heraus.

Ich glaube, manche Therapeuten verennen sich in eine Theorie, und versuchen, die ganze Welt über diese Theorie zu begreifen. Oft erklären diese Theorien aber nur einen Teilaspekt und sind für bestimmte Phänomene auch zutreffend. Versucht man jedoch, jedes Problem über diese Theorie zu erklären, muss man zwangsläufig die Wirklichkeit verzerren. So wird dann jedes Problem für diese Theorie passend gemacht, anstatt eine Theorie zu entwickeln, die auf das entsprechende Problem passt. Wie sagt man so schön: "Mit einem Hammer in der Hand wird jedes Problem zu einem Nagel..."

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