Sopha Selbsthilfe

Aktuell (Archiv 2015)

26.12.2015 :: Alte Befindlichkeitsmuster

Auf einmal steckt man in einer alten und gut bekannten Befindlichkeit drin. Mir ging das letztens so, da fühlte ich mich so getrennt von allem. Ein Gemisch aus Einsamkeit, Verlassenheit, Traurigkeit und Depression.

Wie kam es dazu? Es gab eigentlich nichts Besonderes an diesem Tag. Ich war einfach alleine zu Fuß unterwegs und irgendwann bemerkte ich, dass ich in dieser Gefühlslage war.

Was ich aber auch bemerkte: Das war ein ganz altes und gut bekanntes Empfindungsmuster. Ich erinnerte mich, als Kind oft in dieser bedrückenden inneren Verfassung gewesen zu sein. Und ich war auch damals oft zu Fuß alleine unterwegs. Das war die Parallele zu heute.

Ich stelle mir das so vor, dass dieses Befindlichkeitsmuster durch diese alten Erfahrungen in mir angelegt ist. Vielleicht gab es früher wirklich einen Grund, mich so zu fühlen. Jetzt hingegen gab es diesen Grund eigentlich nicht, aber dieses Muster tauchte nun wieder auf und ich fühlte mich so, wie damals. Es reichte, dass ich alleine zu Fuß unterwegs war, um mich da hinein zu bringen. Die äußere Situation wirkte wie ein Trigger, die nur etwas Altes auslöst. Etwas Unerlöstes, was ich noch mit mir herumtrage.

Ich erinnerte mich an einen Satz meines Therapeuten vor 15 Jahren: "Du bist nicht dein Gefühl, du hast ein Gefühl." Das nennt man Desidentifikation und das kann sehr hilfreich sein. Wenn man schonmal etwas Abstand zu diesem Befindlichkeitsmuster bekommt. Wenn man es so vielleicht sogar interessiert beobachten kann.

Durch Interesse kann auch Mitgefühl entstehen. Ein Teil von mir ist schon nicht mehr damit identifiziert, kann eher von außen sehen, was mir irgendwie zu schaffen macht. Und wenn dann Mitgefühl entsteht, dass ich gerade leide, dann entsteht da ein warmes Gefühl mir gegenüber. Das ist eine Form von Selbstliebe.

Gleichzeitig kann ich positive Verantwortung für mich übernehmen: Ich kann schauen, was mir jetzt gut tut, was helfen könnte, mich aus diesem alten Befindlichkeitsmuster wieder zu befreien.

Wie kann es überhaupt sein, dass so ein Muster so lange weiter besteht? Und das es auftaucht, obwohl es gar keinen wirklichen Grund dafür im Hier und Jetzt gibt?

Die Gestalttherapie hat darauf eine Antwort. Sie hat die Theorie, dass es alte unerledigte Erfahrungen gibt, die sich abschließen müssen. Das ist ungefähr so, wie ein noch nicht fertig gemaltes Bild. Es muss und will vollendet werden. Erst dann kann man es loslassen und dann verliert es die Bedeutung. Und die Gestalttherapie geht auch davon aus, dass alles Unerledigte uns immmer wieder besuchen kommt, als eine Art Heilungsversuch. Denn wenn es wieder ins Bewusstsein vordringt, besteht die Chance, dass es verarbeitet werden kann.

Auch diese Erkenntnis oder Sichtweise verändert schon viel: Wir erleben es dann nicht mehr nur als sinnloses Leid, was uns widerfährt, sondern als eine Chance, etwas in uns zu heilen.

Eine liebevolle Zuwendung sich selbst gegenüber und eine interessierte Offenheit, was es mit dieser Befindlichkeit so auf sich hat, kann da schon sein erster hilfreicher Schritt sein. Das genaue Erforschen, was es damit auf sich hat und was der Weg zur Heilung ist, braucht in der Regel einen geschulten Therapeuten. Wer allerdings schon einiges an therapeutischer Erfahrung gesammelt hat, kann vieles auch selber schaffen.

Das ist der große Vorteil einer gelungenen Therapie: Man hat nicht nur ganz konkrete Sachen aufgearbeitet, man hat auch gelernt, künftig therapeutisch sinnvoll mit neuen Herausforderungen umzugehen. Man hat ein Stück weit die Art und Weise seines Therapeuten verinnerlicht. Und diese Art wirkt weiter. Und in der Regel ist es eine humanistische, dem Leben zugewandte und liebevolle Art, mit sich umzugehen. Zumindest ist das die Basis, was die humanistischen Therapieformen lehren.

Weblinks:

-- Fred

07.12.2015 :: Lied der Woche

Lüül - Mach das Leben schön

30.11.2015 :: Die verflixte Vermeidung

Angst ist Vermeidung, Vermeidung ist Angst. Beides hängt direkt miteinander zusammen. Die Vermeidung ist so verlockend, weil sie direkt zu einer Angstreduktion oder Angstfreiheit führt. Insofern ist Vermeidung eine Bewältigungsstrategie.

Die Vermeidung sorgt allerdings in ganz vielen Fällen zu sehr problematischen Lebenswegen. Sie kann in kurzer Zeit dazu führen, dass Menschen sich komplett aus dem Leben zurückziehen und nur noch das tun, was unbedingt zum Überleben nötig ist.

Das soziale Umfeld kann diese Vermeidung auch noch unterstützen. Wer z.B. Angst hat, überhaupt vor die Tür zu gehen, wird von seiner Mutter mit allem versorgt, was er braucht. Aus einer gut gemeinten Unterstützung entsteht so eine Verfestigung von Vermeidungshaltungen.

Das Resultat ist, dass einem Menschen immer mehr Möglichkeiten verloren gehen, das Leben zu meistern. Es entsteht eine immer größere Unselbständigkeit. Durch die fehlende Angstkonfrontation, gehen auch die Fähigkeiten verloren, mit Angst überhaupt noch umzugehen. Es ist ein Teufelskreislauf und ich habe Menschen erlebt, die durch die permanente Vermeidung über Jahre absolut unselbständig wurden. Und unfähig, auch die kleinsten Herausforderungen auf sich zu nehmen.

Das dann im Nachgang auch eine Depression einsetzt, ist eigentlich logisch. Denn ein Leben, was so unerfüllt ist und ein Mensch, der sich als so unfähig erlebt, wird ganz automatisch auch am Leben resignieren und damit depressiv.

Vermeidung ist deshalb etwas, was in jeder Therapie besonders angeschaut und aufgearbeitet werden muss. Ein guter Umgang mit Ängsten bedeutet immer, trotz dieser Ängste sinnvoll zu handeln. Sich nicht zu sehr von diesen Gefühlen vereinnahmen zu lassen, damit diese Ängste nicht vollständig das Leben bestimmen.

Es geht um die Haltung: "Ja, ich habe Angst und ich werde trotzdem dies oder jenes tun." oder "Im Gewahrsein meiner Angst werde ich Beängstigendes tun."

In fast jedem Märchen gibt es einen Helden, der sich vielen Herausforderungen trotz Ängsten stellt. Wir müssen wieder zum Helden in unserem Leben werden.

Angstbewältigung ist ein regelmäßiges Training. Es geht darum, sich ein Stück weit mit Angst zu konfrontieren und ihr nicht auszuweichen. Mit der Idee, dass sich die Grenzen verschieben. Wer täglich joggt, wird Fortschritte machen und weitere Strecken zurücklegen können. Wer sich täglich in etwas hineintraut - trotz Angst - wird genauso seine Grenzen erweitern.

Wichtig dabei ist eine gute therapeutische Unterstützung. Ganz ähnlich, wie man bei sportlichen Aktivitäten einiges falsch machen kann, so ist das auch bei der Angstbewältigung. Wer sich zu stark konfrontiert, kann sich übefordern und macht dann Rückschritte. Wer die Angsterfahrungen nicht sinnvoll reflektiert, kann auch stecken bleiben. Zudem kann ein Außenstehender viel besser erkennen, was sinnvolle nächste Schritte sind.

Für die konkrete Angstkonfrontation sind Verhaltenstherapeuten die richtigen Fachleute. Wer hingegen tiefsitzende Ursachen für seine Ängste hat, die aufgearbeitet werden wollen, ist bei einem tiefenpsychologischen Therapeuten richtig. Probleme, die sich vor allem aus einer schwierigen Familienverstrickung ergeben, lösen am besten die systemischen Familientherapeuten.

Noch besser, wenn man einen Therapeuten oder eine Klinik hat, die zahlreiche Verfahren praktizieren. Meiner Erfahrung nach braucht es auf allen Ebenen im Laufe einer Therapie Hilfe und Zuwendung.

-- Fred

02.11.2015 :: Alles eine Frage der Bedeutung

Mir ist das letztens in einer Gruppe etwas aufgefallen: Eine Frau macht eine etwas ungeschickte Formulierung, die zum Schmunzeln anregt. Das irritierte sie dann recht stark und sie wurde rot.

Aber was wäre eigentlich das Lernziel? Sie kann im Grunde alles, ist sozial kompetent, sympathisch und offen. Da gibts gar nichts zu lernen. Mir kam die Idee: Das einzige Lernziel ist, die Einstellung zu solchen Missgeschicken zu verändern. Sie müssen viel bedeutungsloser werden.

Es scheint hier also alles eine Frage der Bedeutung. Welche Bedeutung gebe ich dieser Situation?

Scham ist ja auch nur möglich, weil die Situation für mich eine übergroße Bedeutung bekommt. Wenn ich einer Situation keine große Bedeutung beimesse, ist Scham undenkbar.

Gesundung ist also dort zu finden, wo die Bedeutsamkeit schrumpft. Gelassen mit Situation umgehen können. Über sich selbst lachen. Etwas nicht so wichtig nehmen. Ein Vertrauen darin entwickeln, dass das schon alles so ok ist und auch andere damit umgehen können.

Wie kommt das eigentlich, dass Menschen manchen Dingen eine viel zu große Bedeutung geben und damit sozialphobisch werden? Recht wahrscheinlich wird mal was passiert sein, wo man wirklich eine sehr unangenehme Erfahrung gemacht hat. Vielleicht wurde man real ausgelacht, lächerlich gemacht, gedemütigt oder gemobbt. Es reicht aber auch schon, dass man eine Situation so empfunden und gedeutet hat. Denn entscheidend ist nicht, was real passiert, sondern was wir für real halten. Da spielt unsere Wahrnehnmung ganz viel mit rein.

Die Psyche gesundet vor allem, in dem sie sich immer wieder an das anpasst, was real ist. Selbst wenn mal Menschen über uns gelacht haben, bleibt die Frage: Wie verhalten sich heute die Menschen in meinem Umfeld? Und wenn hier nicht mehr diese Gefahr droht, könnten wir eigentlich wieder entspannter mit solchen Situationen umgehen. Aber das bekommt unsere Psyche nur sehr schwer hin. Lernt die Psyche erstmal, dass man vor irgendetwas Angst haben muss, kann die Welt sich schon völlig geändert habe, die Prägung bleibt.

Das ist ungefähr so, wie eine Schonhaltung, die man einnimmt, weil man irgendwann mal Schmerzen gehabt hat. Man vermeidet die Haltung, die Schmerz auslösen könnte, selbst wenn die körperliche Ursache schon längst verschwunden ist.

Das zeigt auch: Für Heilung braucht es Mut. Wir müssen uns trauen, genau das zu tun, wovor wir Angst haben. Um zu prüfen, ob es jetzt immer noch so ist, dass das eine schmerzliche Erfahrung wird. Natürlich sollte man das nur bei den Situationen probieren, wo man vom Kopf her schon weiß, dass eigentlich nichts passieren wird. Wir wollen uns ja nicht absichtlich schädigen.

Wenn man öfter in etwas hinein geht, wovor man mal Angst hatte, dann wird man immer wieder die Erfahrung machen, dass es jetzt nicht mehr zu diesem Schmerz führt. Und so kann man langsam lernen, dies mit immer weniger Angst zu tun.

Das klappt allerdings nur, wenn man möglichst wach und achtsam ist. Um sich von der Wirkung von etwas zu überzeugen, muss man wach im Hier und Jetzt sein. Denn nur dort ereignet sich ja etwas ganz reales, was wir beobachten können. Diese reale Erfahrung muss uns besonders deutlich werden. Dann kann es gelingen, dass eine neue Erfahrung die alte Angsterfahrung ersetzt.

Erleben wir hingegen nur die alte Verletzung wieder und verwechseln dies mit dem, was real passiert, werden wir nur erneut verletzt und vermeiden demnächst noch mehr so eine Erfahrung.

-- Fred

29.10.2015 :: Mutismus

Eine spezielle Ausprägung sozialer Ängste ist der Mutismus. Es ist eine Sprachblockade. Der Mensch kann eigentlich sprechen, aber er ist in bestimmten Situationen blockiert (selektiver Mutismus). So kann es z.B. sein, dass der Betroffene mit bestimmten nahen Bezugspersonen sehr gut reden kann, bei allen anderen Menschen aber stumm ist.

In Dortmund gibt es eine interessante Anlaufstelle im Netz, wo man einiges an Infos bekommt:

Hier ein mutmachendes Video:

24.10.2015 :: Menschen, die sich völlig zurückziehen

Viele können sich das gar nicht vorstellen: Es gibt Menschen, die sich von allem völlig zurückziehen und gar nicht mehr aus dem Haus gehen. In der Regel werden sie von Familienangehörigen versorgt und brauchen so ihr Zimmer nur noch zu verlassen, um auf Toilette zu gehen oder sich etwas zu essen zu machen. So leben sie wie in einem Gefängnis. Und das nicht nur über Monate, mitunter über 10 Jahre und länger.

Ängste und Phobien können so groß werden, dass dies für Betroffene die einzige Möglichkeit zu sein scheint. In der Regel ist es eine soziale Phobie, warum Menschen ihr Zimmer oder ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Auch eine Agoraphobie kann dabei eine Rolle spielen.

Natürlich ist diese Zurückgezogenheit sehr leidvoll. Einsamkeit und Sinnlosigkeitsgefühle stellen sich ein. Erst in so einer Situation erkennt man, welche Grundbedürfnisse ein Mensch hat, und seien es so simple Sachen, wie mal einen Sonnenuntergang zu sehen, den Wind zu spüren und die räumliche Freiheit draußen zu erleben.

Hier mal ein etwas älterer Artikel aus der Zeit:

Wer mehr dazu lesen will, googel einfach mal nach "Zimmer nicht mehr verlassen" oder "Hikikomori".

-- Fred

20.10.2015 :: Ich fühle mich hässlich - Körperdysmorphe Störung

Es gibt eine psychische Erkrankung, bei der sich Menschen als so hässlich empfinden, dass sie den Kontakt mit anderen Menschen meiden: Körperdysmorphe Störung. Kurz auch KDS genannt. Diese Erkrankung steht der sozialen Phobie sehr nahe, weil durch diese negative Selbsteinschätzung eine Angst vor Ablehnung entsteht. Bisher ist diese psychische Störung nur wenig bekannt. Hier mal ein paar Infos dazu:

Danke an Anna, die das für uns recherchiert hat.

23.09.2015 :: Bruxismus

Viele wissen nicht, dass sie nachts mit den Zähnen knirschen. Manche machen das sogar unbewusst tagsüber. Es gibt hier auch einen Zusammenhang zu psychischen Erkrankungen. Man könnte es als eine emotionale somatische Reaktion verstehen. Emotionen wie Wut, Ärger oder Angst können abgeleitet werden, aber auch genereller psychischer Stress mit innerer Anspannung kann zu diesem Phänomen führen.

Zähneknirschen kann zu einem großen Problem werden. Denn dabei nutzen die Zähne sich ab. Irgendwann ist die dünne Zahnschmelzwand weg und dann hat man so richtig Probleme. Auch können Risse im Zahnschmelz entstehen. Das tückische daran: Man bekommt oft keine frühen Warnsignale wie Schmerzen.

Neben der Abnutzung können sich auch Zähne lockern, wenn der Unterkiefer stärker nach vorne geschoben wird. Auch die Zunge kann betroffen sein, wie letztens ein Gruppenmitglied berichtete.

Durch die starke Anspannung der Kiefermuskulatur kann es auch zu Kopf- und Kieferschmerzen kommen.

Deshalb wäre es wichtig, dass der Zahnarzt penibel auf Anzeichen achtet. Die tun es aber oft genug nicht. Kommt noch dazu, dass der Zahnarzt oft nichts von unseren psychischen Problemen weiß.

Es ist also eine gute Idee, seinen Zahnarzt mal darauf anzusprechen, ob es bei einem Anzeichen für Zähneknirschen gibt. Und man kann auch selber darauf achten, ob man tagsüber dazu neigt oder vielleicht auch nachts davon aufwacht.

Ist man von der Problematik betroffen, helfen sogenannte Aufbissschienen, die der Zahnarzt speziell für einen anfertigt. Dieses Stück Kunststoff sorgt dafür, dass die Zähne nicht mehr direkt aufeinander reiben können. Es behandelt damit nur symptomatisch, schont aber auf jeden Fall die Zähne.

Ursächlich wäre es natürlich gut, wenn man hier umlernen könnte und diese Angewohnheit wieder loslässt. Über spezielle Formeln beim autogenen Training könnte diese gelingen. Wer in therapeutischer Behandlung ist, kann seinen Psychotherapeuten mal darauf ansprechen, ob er Lösungen anbieten kann.

Weblinks:

-- Fred

11.09.2015 :: Vitamine und Mikronährstoffe

Vitamine, Mineralien und Spurenelemente sind für uns lebensnotwendig. Haben wir sie nicht in ausreichender Menge, können vielfältige Mangelerscheinungen auftreten, die im schlimmsten Fall auch lebensbedrohlich werden können.

Das diese Mikronährstoffe auch im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen von Bedeutung sind, ist noch wenig verbreitetes Wissen. Es gibt nur wenige Betroffene, die von ihrem Arzt mal daraufhin angesprochen wurden.

Es gibt verschiedene Ebenen, wie hier Zusammenhänge entstehen. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass ein gesunder und vitaler Körper viel besser mit psychischen Belastungen umgehen kann. Wir werden durch psychischen Stress nicht so schnell aus der Bahn geworfen und durch die Psyche ausgelöste somatische Prozesse verlaufen weniger intensiv.

Viele, die Sport treiben, bestätigen diese positiven Auswirkungen auf die Seele. Ein leistungsfähiger Körper vermittelt einem auch Sicherheit und ein Gefühl von geerdet sein. Und damit auch ein Vertrauen in sich selbst und in seine Kräfte.

Allgemein lässt sich auch sagen, dass wir über Psychotherapie ja unsere Psyche wieder in eine gute Balance bringen wollen. Und was wäre da naheliegender, dass auch der Körper in einer guten Balance sein sollte und das sich beides gegenseitig beeinflusst und bedingt.

Angstbewältigung ist eine harte Auseinandersetzung, wo man sich immer wieder in beängstigende Situationen hineinwagen muss. Das kostet Kraft und auch hier wird klar: Ein gesunder Körper kann das am Besten leisten und wer sich körperlich angeschlagen fühlt, ist nur wenig fähig, sich auch psychischen Herausforderungen zu stellen. Auch die Bewusstheit und Klarheit lässt nach, wenn wir körperlich angeschlagen sind. Das sind aber wichtige Parameter für eine gelingende und effiziente Psychotherapie.

Neuere Forschungen legen nahe, dass es bei psychischen Belastungen zu sogenanntem Nitrostress kommt. Hierbei entsteht ein Übermaß an Stickstoffmonoxid im Körper, der zellschädigend und entzündungsfördernd wirkt. Über bestimmte Vitamine kann man dem entgegenwirken oder sie schützen uns vor den negativen Folgen. Auch kann es sein, dass durch psychische Belastungen bestimmte Mikronährstoffe in einem erhöhten Maße verbraucht werden und es so schnell zu einem Mangel kommt.

Was sehr oft nicht berücksichtigt wird, ist der medikamenteninduzierte Mangel an Mikronährstoffen. Das sind sozusagen Nebenwirkungen der Medikamente, die so Mangelerkrankungen nach sich ziehen können. Auch kann es sein, dass bestimmte Nebenwirkungen von Medikamenten vermieden werden können, wenn man bestimmte Mikronährstoffe aufdosiert.

Umgedreht gibt es Hinweise, dass bestimmte Medikamente wesentlich besser wirken oder überhaupt erst ihre Wirkung entfalten, wenn bestimmte Mikronährstoffe in ausreichender Menge vorhanden sind. Hier wirken Vitamine und Mineralien also unterstützend. Dies wiederum kann bedeuten, dass man mit Medikamenten-Dosierungen heruntergehen kann, was wiederum weniger Nebenwirkungen bedeutet.

Bei psychischen Erkrankungen verändern sich auch die Lebensgewohnheiten. So kann es z.B. bei Depressionen oder Ängsten sein, dass man über Jahre nur noch selten die Wohnung verlässt. Hier kann es dann zu einem starken Vitamin-D Mangel kommen. Dieses Vitamin wird durch die Sonne in der Haut gebildet. Hier braucht es also regelmäßig Sonnenlicht, damit dieses Vitamin ausreichend gebildet wird. Ein Mangel kann zu schweren Knochenerkrankungen mit Schmerzen führen, aber auch das allgemeine Befinden verschlechtern.

Die Schilddrüse ist ein Organ, welches großen Einfluss auf psychische Prozesse hat. Wird über die Schilddrüse der Hormonhaushalt gestört, kann auch das zu Depressionen und Ängsten führen. Eine Unterfunktion kann z.B. durch einen Mangel an Jod entstehen, aber auch andere Spurenelemente wie z.B. Selen sind daran beteiligt. Bei einseitiger Ernährung kann hier schnell ein Mangel entstehen. Und schlechte Ernährungsgewohnheiten können auch wieder durch psychische Erkrankungen bedingt sein. Wer depressiv ist, schafft es vielleicht nicht, gut für seine Ernährung zu sorgen oder braucht viel Süßigkeiten zur Kompensation.

B-Vitamine, Vitamin C, Q10, Kalzium, Kalium, Eisen, Zink, Kupfer, Magnesium sind weitere Mikronährstoffe, die man bei psychischen Belastungen im Auge behalten sollte.

In einer der letzten Gruppe sprachen wir über unangenehme körperliche Symptome bei einer sozialen Phobie. Als unangenehm wird von vielen das Zittern empfunden, was vielleicht anderen auffällt. Es ist durchaus möglich, dass man eine verstärkte Neigung zum Zittern entwickelte, weil irgendwelche Mikronährstoffe fehlten. Und dann entwickelt sich daraus meist ein sich selbst erhaltender Teufelskreislauf: Angst vorm Zittern führt zu Anspannung und die führt wiederum gerade zu dem, was man vermeiden will: zum Zittern.

Seit längerem ist bekannt, dass Ängste und Depressionen sich auch in einem veränderten Hirnstoffwechsel zeigen. Was hier Wirkung und was Ursache ist, darüber herrscht keine Einigkeit. Beides ist gut vorstellbar und kann auch von Person zu Person verschieden sein. Es gibt jedenfalls auch hier Erkenntnisse, dass Mikronährstoffe Einfluss auf den Stoffwechsel im Gehirn haben.

In diesem Zusammehang gibt es auch Hinweise, dass die Aminosäure L-Tryptophan sich auf die Regulation des Serotoninhaushaltes auswirkt. Und Serotonin wiederum spielt als Botenstoff eine große Rolle im Hirnstoffwechsel. Der gezielte Einsatz von L-Tryptophan als Medikament gehört allerdings immer in die Hand eines Arztes, weil es z.B. auch Wechselwirkungen mit Medikamenten gibt. Ebenso können Nebenwirkungen auftreten.

Wer sich mit dem Thema Mikronährstoffe beschäftigt, muss aufpassen, wie gesichert Erkenntnisse sind. In einem Bereich, wo noch so vieles unerforscht ist, tauchen verstärkt Menschen auf, die alles mögliche behaupten und als Wahrheiten hinstellen. Auch werden Gefahren nicht gesehen oder verharmlost. Hier kann man schnell aufgrund falscher Informationen die falschen Schlüsse ziehen. Oft wird man hier auch geködert mit großen Versprechungen und wer krank ist, klammert sich schnell daran und wird unkritisch in der Bewertung. Man darf auch nicht vergessen, dass das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln sehr ertragreich ist.

Lassen sich Mangelzustände diagnostizieren? Ja, viele Vitamine, Mineralien und Spurenelemente lassen sich über eine Blutprobe analysieren. Allerdings werden die meisten nicht standardmäßig gemacht und sind auch keine Kassenleistung. Einige sind recht preiswert, so kostet die Bestimmung von Magnesium z.B. nur 2-3 Euro. Ein Vitamin B12+Folsäure Check kostet hingegen 15 Euro, andere Einzelwerte können ja nach Analyseaufwand bis zu 50 Euro kosten.

Reicht es nicht, einfach ein Multivitaminpräparat vorsorglich zu nehmen? In der Regel wird nicht empfohlen, solche Präparate einfach so präventiv zu nehmen. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung wird hier favorisiert, durch die man dann auch eine gute Versorgung mit allen Mikronährstoffen hat. Allerdings gibt es eben auch Besonderheiten bei jedem, wo trotz guter Ernährung Mangelzustände auftreten können. Hier würden dann auch Multivitaminpräparate nicht zwangsläufig nutzen, weil die zugeführten Mengen bei Mangel nicht reichen oder weil der Körper es nicht richtig verstoffwechseln kann.

Wir müssen auch im Blick behalten, dass trotz aller Bemühungen sich viele Menschen eben nicht ausgewogen ernähren und deshalb zumindest vorübergehend eine Supplementierung bestimmter Mikronährstoffe sinnvoll sein kann. Gerade psychische Erkrankungen können dazu führen, dass die gesunde Ernährung leidet. Und wer sich z.B. vegan oder vegetarisch ernährt, läuft auch Gefahr, dass es an bestimmten Mikronnährstoffen mangelt, z.B. Vitamin B12.

Multivitaminpräparate haben auch den Nachteil, dass viele Stoffe enthalten sind, die man gar nicht benötigt, weil schon in ausreichender Menge vorhanden. Zu viel von etwas kann schädlich sein - es geht ja immer um eine ausgewogene Balance. Und auch in einem Multivitaminpräparat sind bei weitem nicht alle wichtigen Mikronährstoffe enthalten. Deshalb sollte man besser gezielt vorgehen.

Ein dafür gut ausgebildeter Arzt kann über Labordiagnostik erkennen, wo Mangel herrscht und kann dann entsprechende Supplemente verschreiben. Er kann auch kontrollieren, ob sich Mangelzustände auflösen. Leider gibt es noch wenige Mediziner, die sich damit auskennen. Das Fachgebiet heißt Orthomolekulare Medizin, wer einen Experten sucht, kann dies als Suchbegriff verwenden.

Hier ein paar Buchtipps, die ich für seriös und wissenschaftlich fundiert halte:

  • Burgerstein; Handbuch Nährstoffe; Trias Verlag
  • Gröber; Mikronährstoffe
  • Gröber; Arzneimittel und Mikronährstoffe

Weblinks:

-- Fred

29.08.2015 :: Die Balance zwischen Anspannung und Entspannung

Körperliche wie seelische Gesundheit scheint sich irgendwo zwischen den beiden Polen Anspannung und Entspannung abzuspielen.

Menschen, die nur ackern und ständig unter Stress stehen, fordern ihren Organismus stark und strapazieren ihn über. In unserer westlichen, leistungsorientierten Welt findet man diese ungesunde Lebensweise häufig. Spätestens, wenn man gar nicht mehr zur Ruhe kommt und nicht mehr richtig schlafen kann, zeigen sich die ungünstigen Auswirkungen auf unseren Organismus.

Das Gegenteil ist ein Lebensstil, wo man sich treiben lässt und seinen Hintern nicht hoch bekommt. Wo man nicht gefordert wird und sich nicht fordert. Dann leidet sowohl der Körper unter Bewegungsmangel wie auch die Psyche.

Eine gesunde Psyche ist in der Lage, sich immer wieder an neue Lebensbedingungen anzupassen. Sie ist flexibel und in der Lage, uns auch bei schwierigen Bedingungen durchs Leben zu tragen.

Ich glaube, wenn wir uns auf psychischer Ebene nicht fordern, werden wir geistig starr, kraftlos, schlaff und unflexibel. Und dann kann jede kleinste Herausforderung uns gleich panisch werden lassen und uns überfordern.

Damit wird auch klar: Eine gesunder und leistungsfähiger Geist kann auf viele Anforderungen und Schwierigkeiten des Lebens gut reagieren. Er kann diese Situationen auf gute Weise meistern. Eine starrer und kraftloser Geist hingegen ist bei kleinen Herausforderungen schon überfordert und reagiert mit Angst, Hoffnungslosigkeit oder Depression.

Wenn man auf diese Weise Angstbewältigung etwas ganzheitlicher betrachtet, dann geht es nicht nur um die Lösung konkreter Ängste. Es geht auch darum, einen gesunden und leistungsfähigen Geist zu entwickeln, der fähig ist, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.

Auf der Suche nach einem guten Lebensmodell haben diese Erkenntnisse einen großen Einfluss. Manchmal stellt man sich ja vor, es würde einem so richtig gut gehen, wenn man nur noch am Strand in der Sonne liegt und keinerlei Verpflichtungen hat. Aber vermutlich würde dann genau das passieren: Unser Geist erschlafft, wird unflexibel und ist schnell gereizt. Solche Symptome erkennt man manchmal an Menschen, die ein Luxusleben führen können. Sie sind oft nicht wirklich glücklicher und leiden an kleinsten Dingen des Alltags, die nicht so laufen, wie geplant.

Das gute Leben scheint man dort zu finden, wo man sich hinreichend geistig und körperlich fordert. Wo man regelmäßig auch Dinge tut, die eben nicht so einfach sind. Wo man ein Stück in die Anstrengung geht und so körperliche wie geistige Kräfte entwickelt. Wo man sich auch als handlungsfähig erlebt und so das Selbstvertrauen wächst.

Aber das eben auch nicht wieder zu einseitig. Das Loslassen und die Entspannung sind ebenso wichtig. Körper und Seele müssen sich auch erholen können, denn in dieser Erholungsphase tankt wir auf.

Auch eine gute Psychotherapie sollte beide Seiten im Auge behalten: Die Herausforderung und die Arbeit an sich selbst. Wie auch die Entspannung, das Auftanken und das Nährende.

Das Leben als ständige Wellenbewegung zwischen Herausforderung und Entspannung.

-- Fred

28.08.2015 :: Einer neuen Idee folgen

Veränderung braucht manchmal gar kein tiefes Erforschen der eigenen Persönlichkeit. Einer neuen Idee zu folgen, kann schon reichen.

Was wäre so eine neue Idee? Nehmen wir die Idee "Locker bleiben". Mit so einer Idee im Kopf geht man nun durch seinen Alltag. Und immer wieder erinnert man sich daran. Man spürt, dass man sich gerade wieder mal irgendwie anspannt und erinnert sich an "Locker bleiben".

Natürlich haben wir nicht beliebig Einfluss darauf, locker zu bleiben. Wenn das so einfach ginge, könnten wir alles, was wir uns vorstellen. Das Gegenteil ist oft der Fall: Wir scheinen keinen Einfluss auf unser Empfinden zu haben.

Aber trotzdem: Erstens können wir immer ein ganz kleines Stück entspannen und lockerer werden. Irgendwas geht immer. Und das Zweite ist viel wichtiger: Wir trainieren, wenn wir dieser Idee über längere Zeit folgen. Wir trainieren uns in der Fähigkeit, aus der Idee im Bewusstsein wirklich etwas Handfestes und Spürbares zu machen. Es ist sehr wahrscheinlich: Wenn man mit so einer Idee über ein paar Wochen "schwanger geht", dann werden sich auch Fähigkeiten entwickeln, lockerer mit vielen Situationen umzugehen.

Es gibt viele weitere Ideen, die auf diese Weise umsetzbar sind:

  • Loslassen
  • es fließen lassen, das Leben in Fluß halten
  • in Bewegung bleiben
  • nimms mit Humor
  • Gelassenheit
  • Freude
  • Dankbarkeit

Ab und zu singen wir in der Selbsthilfegruppe auch Heilungslieder von Karl Adamek. Diese Lieder enthalten auch Botschaften, die einen genau solche Ideen nahelegen. Damit können solche Lieder helfen, einer Idee zu folgen. Hier ein Beispiel vom Lied Fließen:

Fließen fließen
Frieden schließen
und den Wandel stets begrüßen
will ins Neue mich ergießen
fließ - zurück ins Meer.

Das ist der ganze Text des Liedes, der vielfach wiederholt wird. Deshalb heißen die Lieder auch Mantren. Durch die häufige Wiederholung prägt sich diese Idee gut ein und kann dann im Alltag wirken.

Hier kann man in die Lieder reinhören: http://www.karladamek.de/meridian-mantren.html

Ich hab das diese Lieder in einer Klinik kennengelernt und die meisten Mitpatienten waren total begeistert davon.

-- Fred

15.08.2015 :: Ängste aufgrund sozialer Defizite

Eine Unfähigkeit kann tausend Ängste im Schlepptau haben. Wenn man ängstliche Menschen näher kennenlernt, erkennt man oft, was da alles an einer Problematik mit dran hängt.

Da erzählte mir heute jemand, dass er in Panik war, weil er beim Joggen auf einmal merkte, dass er sein Handy nicht mit hatte. Aber warum in Panik? Er joggte doch auf einem Weg, wo immer wieder Leute vorbeikommen und die haben doch alle eine Handy dabei?!

Aber genau diese Situation löste ja Panik in ihm aus. Fremde Leute ansprechen? Und dann noch um etwas bitten? Niemals! Lieber würde er sich mit einem verstauchten Fuß irgendwie alleine nach Hause schleppen, als irgendjemanden um Hilfe zu bitten.

Die Unfähigkeit, mit anderen Menschen in einer Notsituation Kontakt aufzunehmen, zieht hier große Kreise, sorgt für bestimmte Maßnahmen, die er ergreift und löst Ängste aus, die andere so gar nicht kennen.

Angst entsteht immer dann, wenn wir keine Handlungsmöglichkeiten sehen. Wer aus Erfahrung weiß, dass er jederzeit fremde Menschen ansprechen kann und die dann auch hilfsbereit sind, kann sich entspannen. Nicht nur das, es entstehen auch gar keine sorgenvollen Gedanken in der Machart: "Was wäre, wenn mir jetzt dies oder jenes passiert?" Man fühlt sich irgendwie sicher, weil man um die Joker weiß, die man noch in der Hand hält.

Eine andere Situation: Jemand sitzt im Kino irgendwo mitten in einer Reihe. Er spürt eine Unfähigkeit aufgrund sozialer Ängste: Er könnte im laufenden Film niemals aufstehen, um auf Toilette zu gehen. Das erscheint ihm völlig unmöglich. Folglich drehen sich jetzt die Gedanken: Hoffentlich muss ich nicht auf Toilette! Und wie das blöderweise so ist, beeinflussen diese Gedanken das Gefühl, nun doch irgendwie auf Toilette zu müssen. Das Ganze schaukelt sich so auf und setzt ihn immer mehr unter Druck. Er muss immer nötiger, spürt aber seine Unfähigkeit, aufzustehen. Er fühlt sich wie festgeschweißt an seinen Sitz. Nichts geht. Er hofft nur noch auf das Ende des Films, um dann gehen zu können.

Beim nächsten mal Kino nimmt er sich vor, nur noch einen Platz ganz außen in der Reihe zu nehmen. Ein Platz, wo er jederzeit aufstehen kann, ohne das die Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet ist oder er jemanden irgendwie stört. Erst durch diese Strategie kann er sich seiner Ängste entledigen, trotz seiner bleibenden Unfähigkeit, andere Leute mit sich zu belästigen.

Es kann eine gute therapeutische Strategie sein, diese oft über viele Jahre gewachsenen Angstverhaltensmuster aufzudröseln. Zu erkennen, was zu was führte. Es geht besonders darum, das Ursprungsdefizit zu erkennen. Gelingt es, an dieser Unsprungsproblematik etwas zu verändern, verändert sich die ganze Kette, die da noch dranhängt: Verhaltensweisen, die der Vermeidung dienen, nun aber nicht mehr nötig sind.

In der Regel erkennt man sein ganzes Vermeidungsverhalten nur schwer. Es ist so zur Gewohnheit geworden, dass es einem nicht mehr auffällt. Und man gesteht sich auch nur ungern ein, dass man an bestimmten Punkten Defizite hat.

Was hilft, ist zum einen eine gesteigerte Achtsamkeit. Vor allem auf Empfindungen von Unlust, die zur Vermeidung von irgendwas führen. Mitunter sind die nur ganz kurz wahrnehmbar, weil man sich sofort aus Gewohnheit für eine Vermeidung entscheidet. Wenn es einem aber auffällt, kann man sich mal ein Stück weit mit dem konfrontieren, was man sonst vermeidet. Und hier auch wieder genauer hinspüren, was dann offensichtlich wird. So sammelt man Erkenntnisse über sein Verhalten und Ängste.

Was auch hilft: In Gruppen mit anderen etwas zu unternehmen. Hier wird es zwangsläufig dazu kommen, dass die Gruppe sich nicht passend zu meinen Angstmustern verhält. Werde ich also mit der Gruppenenergie mitgehen, komme ich automatisch an meine Grenzen und Ängste.

Ganz beeindruckend konnte ich das mal in einer Klinik kennenlernen. Kaum waren wir als Gruppe in einem Raum, hieß es, wir tanzen jetzt erstmal alle, um anzukommen und loszulassen. Das empfanden auch die meisten erstaunlicherweise als sehr angenehm. Für mich war es der reinste Horror. Mich geschmeidig vor anderen bewegen? Das ging gar nicht und Panik schoß in mir hoch. Ich wollte sofort wieder abreisen. Doch dann erkannte ich später in Gesprächen mit den Therapeuten die Konfrontation mit einer tiefsitzenden Angst. Im Laufe der Wochen konnte ich die dann dort auch bearbeiten und loslassen.

Auch in einer Selbsthilfegruppe kann man solche Situationen erleben. Insofern sollte man bei Erfahrungen, die sich erstmal nicht so gut anfühlen, immer auch die große Lernchance sehen. Man ist mit einem persönlichen Defizit konfrontiert. Und genau das ist der Punkt, wo sich Weiterentwicklung lohnt.

-- Fred

09.07.2015 :: Sprech-Balance

Ein Thema, was wir immer mal wieder in den Gruppen haben: Die Sprech-Balance. Wie bekommen wir es hin, dass die Redeanteile in der Gruppe ausgewogen sind? Gerade bei Sozialphobie-Gruppen ist das nicht einfach. Es gibt Betroffene, denen es sehr schwer fällt, sich überhaupt in Gruppen zu äußern. Es gibt Betroffene, die in der Selbsthilfegruppe keine Probleme haben, zu reden. Und es gibt Betroffene, die ein sehr großes Redebedürfnis haben.

Diese Verschiedenartigkeit macht es sehr schwer, die Gruppe in den Redeanteilen gut auszubalancieren. Um das Thema in den Gruppen im Auge zu behalten, haben wir mal eine Karte erstellt, die wir in die Mitte legen werden.

08.07.2015 :: Sozialphobie und Meditation

Eine kleine Gruppe von Meditierenden aus Berlin wollen die Meditation etwas bekannter machen. Hierfür haben Sie eine Seite ins Internet gestellt.

Meditation kann ein hilfreicher Weg bei der Bewältigung von sozialen Phobien sein. Hierüber gibts auf der Seite auch einen Artikel:

http://ich-will-meditieren.de/erkrankungen/soziale-phobie/

Auch in unseren Gruppen gibt es zahlreiche Mitglieder, die Meditation, Yoga, Thai-Chi oder andere östliche Praktiken in ihr Leben integriert haben und viel davon profitieren. Ein wichtiger Nutzen solcher Praktiken ist die Entspannung und das Loslassen. Gerade Ängste sorgen ja dafür, dass man übermäßig und häufig angespannt ist. Hier ist es gut, frühzeitig gegenzusteuern und zu lernen, sich bewusst zu entspannen.

29.06.2015 :: Viele Freizeitaktivitäten

In den letzten Monate gabs viele Freizeitaktivitäten. Es gibt mittlerweile zahlreiche Mitglieder, die ihren Bedürfnissen nachgehen und etwas organisieren. Regelmäßig läuft derzeit der Filmclub, wo wir gemeinsam mit Beamer Filme schauen. Der Filmclub trifft sich etwa einmal im Monat.

Ganz neu hat sich jetzt eine Spielegruppe gegründet, die sich Sonntags alle 14 Tage trifft. Jeder kann Gesellschaftsspiele mitbringen.

Die letzten Wochen fanden auch einige Wanderungen statt. Meist in unmittelbarer Umgebung von Dortmund.

Demnächst wird es ein Sommerfest geben, wo wir im Park grillen. Hoffen wir auf schönes Wetter.

Und vorgestern hatten wir - man kann es kaum glauben - mal wieder einen Karaoke-Abend. Das ist ein interessantes Phänomen. Man sollte ja glauben, dass schüchterne Menschen sich damit extrem schwer tun. Wenn aber die Atmosphäre gut ist und man sich in der Gruppe sicher fühlt, haben doch viele den Mut, das mal auszuprobieren. So richtig mit Mikrofon und Verstärker. Unsere Techniker haben da was zusammengebastelt. Was auch meist ganz gut geht: Gemeinsam in der Gruppe nach Songs auf Youtube singen. Da findet man mittlerweile ja jede Menge Karaoke-Versionen mit eingeblendetem Text. Mit Beamer klappt das dann wieder sehr gut.

Jetzt im Sommer finden in Dortmund und Umgebung auch viele Straßenfeste statt. Wer sonst alleine kaum aus dem Haus geht, kann über die Gruppen mit anderen Leuten gemeinsam hingehen. In der Regel finden sich immer einige, die Lust drauf haben.

Auch gemeinsam Urlaub machen kann sehr attraktiv sein, auch von den Kosten her. So kommt man gemeinsam mal raus, was man alleine vielleicht nicht machen würde. Demnächst fahren einige Leute nach Belgien ans Meer. Es gibt da auch noch einige weitere Ideen, wo es mal hingehen könnte. Auch mal ganz weit weg, z.B. USA.

-- Fred

22.06.2015 :: Lied der Woche

Stoppok - Den anderen Weg

15.06.2015 :: Entspannung

Ängste und psychischer Stress führen fast immer zu innerer Anspannung und erhöhtem Muskeltonus. Auf Dauer ist das schädlich und kann dann auch zu psychosomatischen Problemen führen. Einfaches Beispiel: Viele kompensieren ihre Angst durch Anspannung der Muskeln im Nacken-Schulterbereich. Das kann zu Schulter- und Nackenschmerzen führen oder auch zu Spannungskopfschmerzen.

Es erscheint mir deshalb sehr sinnvoll, möglichst früh mit Entspannungsverfahren zu beginnen und die auch regelmäßig durchzuführen.

Das große Problem ist: Wir wissen alle, wie man sich anspannt, aber Entspannung ist etwas ganz anderes. Dazu muss man erstmal einen Zugang finden. Entspannung geht auch nicht so direkt. Man kann nicht konkret was Tun, es ist keine konkrete Handlung. Man kann sozusagen etwas nur einladen, loszulassen. Etwas zu lassen, was man tut.

Das große Problem ist, dass körperliche Anspannungen sich verselbständigen, also ins Unbewusste abgleiten. Dann spannen wir die Muskeln an, ohne uns dessen bewusst zu sein. Und wir haben keine bewusste Kontrolle mehr darüber. Es ist dann sehr mühsam, sich wieder einen Zugang dazu zu erarbeiten. Man kann das vergleichen mit der Situation, nach einem Schlaganfall wieder laufen lernen zu müssen. Etwas, wovon man überhaupt keine Vorstellung hat, wie das gehen soll, muss wieder neu erlernt werden.

Leider gibt es bisher nur wenige Psychosomatiker, die diese Problematik erkennen und sinnvoll gegensteuern können. Orthopäden erkennen die Ursache der Problematik oft nicht und verschreiben einfach nur Krankengymnastik und empfehlen Sport. Natürlich kann auch das helfen, die eigentliche Ursache ist aber die permanente Anspannung durch Angst und Stress und die Unfähigkeit, sich bewusst zu entspannen.

Entspannungsverfahren können helfen und sollten bei erhöhtem psychischen Stress zum regelmäßigen Ritual werden. Dies sind vor allem:

  • Das Autogene Training
  • Die progressive Muskelentspannung
  • Die Meditation
  • Hypnotrancen, Phantasiereisen, imaginative Verfahren
  • Tai-Chi oder Qigong
  • Feldenkrais
  • Yoga
  • Alexander-Technik
  • Biofeedback
  • Atemtherapie
  • Focusing

Viele Methoden versuchen, ein Körperbewusstsein zu entwickeln, wodurch man dann wieder bewusst seine Muskeln gebraucht und unnötige Anspannung abbaut. Ein weiterer Weg sind Suggestionen und Imaginationen, die uns helfen, loszulassen. Auch langsame Bewegungsabläufe helfen uns, aus Gewohnheiten und Hektik auzusteigen und zu mehr Bewusstheit zu kommen. Spüren, wahrnehmen, im Hier und Jetzt sein, aus Automatismen aussteigen - das sind wesentliche Lernerfahrungen.

Gerade bei sozialen Ängsten hat man oft täglich schwierige Situationen zu bewältigen, die zu Anspannungen führen. Deshalb ist hier die regelmäßige Entspannung als Gegenpol so wichtig.

-- Fred

13.06.2015 :: Lied der Woche

Cynthia Nickschas - Tanz!

13.06.2015 :: Autonomie

Der Zugang zur eigenen Autonomie entwickelt sich schon in der ganz frühen Kindheit. In der Autonomie drückt sich das Eigene aus: Was wir empfinden und wie wir auf eigene Bedürfnisse reagieren. Autonomie steht im engen Zusammenhang mit Selbstbewusstsein: Ich nehme mich war. Ich erlebe mich. Ich weiß, was ich brauche, wenn ich so oder so empfinde. Ich kann mein reiches inneres Erleben verstehen, deuten und danach handeln.

Autonomie braucht von früher Kindheit an Unterstützung, damit sie sich entwickeln kann. Läuft etwas gewaltig schief, dann lernen wir überhaupt nicht, auf unsere Impulse und unser Innenleben zu achten. Dann orientieren wir uns nur an äußeren Erwartungen, die an uns herangetragen werden. Der Zugang zu uns selbst ist dann versperrt. Das Eigene wird im Laufe der Zeit sogar auch noch bedrohlich erlebt, weil es oft im Widerspruch zu dem steht, wie unsere Umwelt uns will. So kommt es zu Selbstablehnung oder Selbsthass. Und weil keine Verbundenheit zum eigenen Wesen vorhanden ist, gibt es auch kein tiefes Selbstwertgefühl.

Arno Gruen beschreibt das alles sehr detailiert in seinem Buch Der Verrat am Selbst.

Wir haben in den letzten Tagen darüber nachgedacht, welche Bedeutung das Thema Autonomie auch für unsere Gruppenarbeit hat. Ich spüre da einen großen Bedarf nach mehr Autonomie. Oft entstehen Gruppenkonstellationen, wo viele sich stark zurückhalten und nur einige wenige das Gruppengeschehen in die Hand nehmen. Das ist für mich ein Zeichen fehlender Autonomie.

Wir versuchen schon seit längerer Zeit, das "sich einbringen" mehr zu verteilen. Jeder kann etwas zum Gesamtgeschehen beitragen und es wäre gut, wenn diese Möglichkeit noch viel mehr genutzt würde.

Natürlich ist gerade das oft ein längerer Entwicklungsweg. Autonomie fängt halt in den ersten Lebensstunden an. Von da an entstehen und festigen sich Verhaltensmuster und die Beziehung zur Welt. Was über so viele Jahre gewachsen ist, braucht natürlich auch viel persönliche Zuwendung, um es zu verändern und ganz neue Erfahrungen zu sammeln.

Sich mit dem Thema Autonomie zu beschäftigen, kann helfen, die eigenen Prägungen zu verstehen und zu erkennen, wo eine persönliche Nachreifung gewinnbringend und befreiend ist. Denn darum solls ja bei aller Persönlichkeitsentwicklung schlussendlich gehen: Sich von Einschränkungen und Deformationen zu befreien, um auf gesunde Weise das eigene Wesen zu leben. Die meisten beschreiben diese Entwicklung als bereichernd und befreiend.

-- Fred

27.05.2015 :: Lied der Woche

Anna Depenbusch - Astronaut

14.05.2015 :: Sopha Young aufgelöst

Im Januar 2015 gründeten wir die Sopha-Young - eine regelmäßige Gruppe für junge Menschen bis 30 Jahren, die an ihren sozialen Ängsten und Phobien arbeiten wollen. Jetzt müssen wir sie bereits wieder auflösen, weil es trotz viel Engagement nicht funktionierte.

Es ist schwer, die Ursachen dafür zu verstehen. Wir hatten im Januar etwa 14 Interessierte, von denen dann auch 9 in die Gruppe kamen. Bis Mai kamen bestimmt weiter 10 Nachfragen von Interessenten, von denen aber nur ein Teil wirklich zur Gruppe kamen. Zahlreiche blieben auch nur über 1-2 Abende und es kam kein klares Feedback, was den Rückzug anging. Schlussendlich blieben nur noch ganz wenige übrig, was eine Weiterführung der Gruppe als nicht sinnvoll erscheinen lies.

Ein Eindruck der letzten Monate war, dass das klassische Konzept, was wir in den anderen Gruppen haben, irgendwie nicht funktionierte. Es kam keine richtige Themendiskussion zu stande. Vielleicht gab es auch die Erwartungshaltung einer professionell geleiteteten Gruppe, was eine Selbsthilfegruppe natürlich nicht ist.

Neue Selbsthilfegruppen ins Leben zu rufen, ist generell eine heikle Sache. Wir sind damit schon einige male gescheitert und wir wissen es auch von anderen Gruppengründungen hier in Dortmund. Von 10 Neugründungen überleben vielleicht 1-2 Gruppen die ersten 6 Monate. Man muss es einfach versuchen und dann schauen, ob eine tragfähige Basis entsteht. Manches lässt sich durch Engagement, Planung und Konzept in gute Bahnen lenken, aber es gibt eben einen großen Bereich, den man nicht planen kann. Hier kann man sich nur überraschen lassen, ob die Energie da ist, die es für eine stabile Gruppe braucht. Das gilt besonders bei einer Selbsthilfegruppe, die sich ja aus sich selber tragen soll und wo nicht einige wenige Macher die Gruppe mit viel Energie versorgen. Die Gruppe muss es sozusagen aus sich heraus schaffen. Und bei Sozialphobie-Gruppen kommt sehr erschwerend hinzu, dass eben fast alle erstmal sehr zurückhaltend sind und der Prozess, miteinander in Fluss und in Kontakt zu kommen, wesentlich länger braucht. Wenn dann das Durchhaltevermögen fehlt, es langsam wachsen zu lassen, gelingt es nicht.

Die Idee einer Gruppe für junge Menschen kommt jetzt erstmal wieder in die Schublade. Die Offene Gruppe ist wieder die erste Anlaufstelle für jede Altersgruppe. Vielleicht werden wir die Idee irgendwann nochmal aufgreifen.

-- Fred

11.05.2015 :: Ergebnisse Fragebogen Lernfelder

Mitte 2014 haben wir einen Fragebogen erstellt, wo wir typische Lernfelder aufgelistet haben. Mittlerweile haben wir eine anonyme Auswertung über 25 Fragebögen gemacht, wobei es darum ging, was die wirklich wichtigen Lernfelder sind. Hier die Ergebnisse der meist genannten Lernfelder sortiert nach Anzahl der Nennungen:

 
P10 Mehr Selbstvertrauen (17)
K09 Sich lösen von den Erwartungen der anderen (17)
K03 Konflikte konstruktiv austragen (16)
P07 Zu hohe Ansprüche an mich reduzieren (15)
K02 Nein sagen und mich abgrenzen (14)
K04 Mit Kritik umgehen lernen (14)
K08 Mehr aus mir herauskommen (14)
K11 Wut, Ärger und Frust konstruktiv in Kontakt bringen (14)
K13 Mich mehr als Teil einer Gruppe erleben, dazugehören (14)
P24 Umgang mit Kränkungen (14)
S02 Reden in Gruppensituationen (13)
S10 Mehr Selbststärke gegenüber Autoritätspersonen (13)
K16 Mich im Kontakt mit anderen wohl fühlen (13)
U10 Mich mehr im Kontakt wohlfühlen (13)
P02 Negative Selbstbeobachtung reduzieren (13)
P03 Depression und schlechte Gefühlslagen auflösen (13)
P20 Mich als wertvoller Mensch fühlen (13)
P25 Innere Konflikte lösen (13)
S03 Angstfreier in Gruppensituationen sein (12)
S08 Besserer Umgang mit Mittelpunkts-Situationen (12)
K01 Mich durchsetzen (12)
K07 Gesprächiger werden in Gruppen (12)
P05 Wahrnehmbare Angstsymptome abbauen 
    (erröten, zittern, Schwitzen, Atemnot, Stimme, Schwindel…) (12)
P14 Entspannung (12)
P18 Mehr ins Handeln kommen (12)
P22 Mehr Struktur, Willenskraft und Selbstdisziplin (12)
S13 Mich in mehr Freizeitaktivitäten trauen (11)
K21 Unverkrampfter im Kontakt werden (11)
U12 Tiefe und nahe Beziehungen (11)
P11 Ein positiver und liebevoller Umgang mit mir selbst (11)
P12 Umgang mit Frust und Resignation (11)
P16 Selbstakzeptanz stärken (11)
P21 Zufriedener mit mir sein (11)
P26 Weniger Grübeln und Gedankenkreisen (11)
P27 Erwachsener werden: Verantwortung, Klare Sicht, 
    Dranbleiben, Struktur, Selbstorganisation, Ziele, Fokus, Handlung (11)

10.05.2015 :: Widerstände

Widerstände haben eine große Bedeutung bei Entwicklungsprozessen, egal ob nun psychotherapeutisch begleitet oder in Eigenregie.

Viele haben im Laufe ihrer Veränderung schonmal so eine Erfahrung gemacht: Eigentlich wusste ich schon lange, dass ich dies oder jenes tun sollte. Ich hatte das schon oft gelesen und es sprach mich an. Aber erst jetzt hat es mich nochmal neu berührt und erst jetzt konnte ich das auch umsetzen.

Nehmen wir das einfache Beispiel eines Entspannungsverfahrens. Viele wissen eigentlich, dass das regelmäßige Praktizieren eines Entspannungsverfahrens gut für die Psychohygiene ist und gerade bei angstgeplagten Menschen sehr sinnvoll sein kann. Doch viele machen es nicht, obwohl sie auch daran glauben, dass das helfen könnte.

Es reicht also nicht, zu wissen, dass etwas hilft. Es gibt noch etwas anderes: Unsere ganzen Widerstände gegen die Veränderung. Zu jeder Idee, sein Leben zu verändern, gibt es oft zahlreiche Widerstände. Also ein Nein, eine Unlust, ein Unwille, eine Weigerung, ein Ausweichen oder ein Verdrängen.

Das ist übrigens auch der Grund, warum Ratschläge so oft ins Leere gehen und weshalb wir darauf achten, uns in den Gruppen nicht zu viel mit Ratschlägen zu beglücken. Das teilen von eigenen Erfahrungen ist meist wirksamer.

In der Regel haben wir alle die leicht zu verändernden Sachen ohne viel Nein schon lange abgegrast. Diese vorbehaltlosen Dinge haben wir für uns schon realisiert. In Therapie und persönlicher Weiterentwicklung gehts fast immer um die Sachen, die gleichzeitig auch den Widerstand beinhalten. Etwas, was uns bisher davon abgehalten hat, es zu tun. So ist das leider.

Weiterentwicklung kann also in weiten Bereichen nur dann stattfinden, wenn wir uns unserer Widerstände mehr bewusst werden. Wenn wir unbewusst dem Nein folgen, werden wir nicht aus unserer misslichen Lage ausbrechen können.

Der erste Schritt ist also, dass Nein überhaupt erstmal bewusst als Widerstand zu begreifen: "Ah ja, da sagt etwas in mir Nein. Da ist etwas in mir unwillig. Interesant."

Der zweite Schritt ist, diesen Widerstand zu erkunden. Was ist das für ein Nein? Was wäre daran unangenehm? Was befürchte ich? Warum will ich etwas nicht? Zu welchen Werten oder Überzeugungen passt es nicht? Oder greift es mein Selbstbild an?

Meine Erfahrung ist, dass die Beschäftigung mit den Widerständen den Großteil einer Therapie einnimmt. Es braucht viel Zeit, sich von liebgewordenen Angewohnheiten zu lösen oder seine Überzeugungen und Glaubenssätze zu verändern.

Ich hatte mal einen Therapeuten, der mit Adleraugen auf meine Widerstände achtete. Wenn ich fast unbemerkt in meinen Sätzen oder meiner Mimik einen Widerstand offenbarte, funktelten gleich seine Augen. Und dann war das auf einmal Thema für die nächsten 15 Minuten. Das färbte auch auf mich ab und ich fing an, mich für meine Widerstände zu interessieren.

Ich glaube, es ist ein Fehler, zu massiv gegen seine Widerstände zu agieren. Widerstände haben einen Sinn und sind ein Schutzmechanismus. Sie sorgen in der Regel dafür, dass wir nicht in (vermeintlich) unangenehme Situationen geraten. Widerstände sollte man also würdigen und den Sinn darin erkennen. Um dann aber trotzdem sanft damit zu experimentieren, wo man Grenzen ein Stück weit verschieben kann. Wo man man etwas - trotz eines unangenehmen Gefühls - mal ausprobiert.

Im besten Fall erkennen wir, dass etwas doch ganz gut geht, obwohl man zuvor einen Widerstand hatte. Und dann entwickelt man noch Gefallen an der neuen Art, zu sein. Und irgendwann wird es zur neuen Gewohnheit. Man hat damit seinen Möglichkeitsraum erweitert bzw. sich Lebensraum zurückerobert.

Bei manchen Dingen müssen wir uns aber auch immer wieder mit unangenehmen Gefühlen konfrontieren, bis sie sich langsam wandeln. Therapie fordert uns in dieser Hinsicht stark. Manche Freiheit muss man sich mühsam erarbeiten und ich habe großen Respekt vor Menschen, die das für sich geschafft haben. In den Selbsthilfegruppen erlebt man das immer wieder mal und das macht Mut, auch selber so einen Weg zu gehen.

-- Fred

25.04.2015 :: Hoffnung...

In krisenhaften Lebensphasen ist Hoffnung etwas ganz wichtiges. In einer Krise fühlen wir uns oft schlecht und wir wissen nicht, ob es jemals besser wird. Und in dieser unsicheren Zeit überkommt uns schnell die Resignation und die Hoffnungslosigkeit. Es wird niemals besser werden...

Dabei ist es eigentlich nur so, dass wir tatsächlich mit einer Offenheit konfrontiert sind. Das Leben ist nicht mehr klar und festgelegt. In Krisen steckt nicht nur das Hoffnungslose, sondern auch die Möglichkeit. Denn was offen ist, kann sich in alle Richtungen etwickeln.

Lebenskrisen entstehen nicht selten daraus, dass unsere bisherige Art zu leben, uns nicht mehr genug Lebenssinn bietet. Wir kämpfen dann lange darum, diesen Zustand mit kleinen Veränderungen doch irgendwie zu stabilisieren. Der große Veränderungsschritt ist noch nicht reif. Doch irgendwann realisiert man, dass das alte Lebenssystem nicht trägt und man grundsätzlich etwas verändern muss. Aber das Neue ist noch nicht da. Und so hängt man in einer Zwischenwelt - das Alte trägt nicht mehr und das Neue ist noch nicht da.

Wenn wir ein Vertrauen darin hätten, dass wir etwas neues für uns entwickeln können, was sich gut anfühlt, dann wäre so eine Zeit viel besser zu durchstehen. Denn es ist oft nicht der belastende Moment im Hier und Jetzt, sondern die Perspektivlosigkeit, die einen zermürbt.

Wer schon einmal Krisen durchstanden hat, weiß, wie aus vermeintlich hoffnungslosen Situationen doch wieder etwas Gutes erwachsen kann. Wir haben alle ungeahnte Kräfte in uns, wieder zu einem sinnerfüllten und guten Leben zu finden. Wir glauben oft, wenn dies oder jenes nicht ist, kann ich nicht glücklich werden. Aber wir können uns so oft neue Quellen für Lebensglück erschließen und merken auf einmal, wie unbedeutet etwas geworden ist, woran man einmal fest hing. Die Möglichkeiten, ein gutes Leben zu finden, sind einfach unerschöpflich. Und unsere Kreativität kann uns helfen, das Neue zu erfinden.

Das Leben ist voll von Beispielen, wie Menschen aus vermeintlich hoffnungslosen Sitatuationen einen guten Weg fanden und sie heute wieder gerne leben.

Selbsthilfegruppen können helfen, die hoffnungsvollen Gedanken zu nähren und sich von Resignation zu lösen. Denn hier gibt es immer Menschen, die durch so manche Krise hindurchgegangen sind und von ihren Erfahrungen berichten können. Diese Erfahrungen zeigen, was möglich ist und dass eine Krise eine Durchgangsstation ist und kein Dauerzustand.

Und natürlich gibt es auch Erfahrungen, wie man durch Krisen hindurchgehen kann, damit sich wirklich etwas transformiert und man nicht stecken bleibt. Hier wird auch davon berichtet, welche professionellen Hilfsangebote man nutzen kann, um diese schwierige Veränderung in seinem Leben zu durchschreiten.

Schlußendlich ist die Erfahrung vieler, die erfolgreich durch eine Krise hindurchgegangen sind, dass sie eine neue Lebensorientierung gefunden haben, die sich besser anfühlt, als die alte. Etwas Neues, wofür es sich lohnt, zu leben und mit der man sich mehr verbunden fühlt. Gleichzeitig hat man in diesem Prozess der Veränderung sich selbst mehr kennengelernt, Grenzen ausgelotet, ist authentischer geworden, ist mutiger und hat ein Stück mehr zu sich selbst gefunden.

-- Fred

Weblinks:

20.04.2015 :: Positive Gedanken

Interessanter Song von Cynthia Nickschas

06.04.2015 :: Geldgier und Krankheit

Wer krank ist, sucht Hilfe. Und wie viel ist ihm die Hilfe wert? Natürlich viel, wenn man stark leidet.

Diese Situation ist natürlich ein Nährboden für Geschäftemacherei. Nun könnte man ja ausschließlich auf Hilfsangebote setzen, die von den Krankenkassen übernommen werden. Das sollte ja alles seriös sein. Doch genauer betrachtet geht diese Vorstellung oft genug nicht auf.

Da gibt es z.B. einen gewissen Trend, das Medikamente gerne und schnell verschrieben werden. Wer das System kennt und weiß, wer hier mit wem verstrickt ist, erkennt auch die Logik dahinter. Auch das Vergütungssystem der Krankenkassen sorgt dafür, dass vor allem Gesprächszeit zwischen Arzt und Patient eingespart wird, Medikamente hingegen werden oft genug problemlos bezahlt. Auch hier gestaltet das Geld, wie Arzt und Patient miteinander interagieren und welche Heilungs- und Diagnoseversuche unternommen und welche gelassen werden.

Wer aber auf eine komplexe Weise erkrankt ist, spürt auch, wie schnell die konventionelle kassenfinanzierte Behandlung am Ende ist. Nicht selten bekommen Patienten den Stempel psychosomatisch aufgedrückt, wenn mit gewöhnlichen Untersuchungsmethoden keine Ursachen gefunden werden. Das diese Diagnose oft genug verkehrt ist, bestätigen z.B. Untersuchungen im Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen im Universitätsklinikum Gießen.

Die Erfahrung in unseren Gruppen ist: Kranke kommen an den Punkt, wo sie sich nach Möglichkeiten jenseits des kassenfinanzierten Systems umschauen müssen. Das kann auch ganz trivial die Situation betreffen, dass man kassenfinanziert nicht kurzfristig einen Therapeuten findet, privat finanziert aber innerhalb von 14 Tagen eine Therapie beginnen könnte.

Jetzt steht man vor der Frage: Was sind seriöse Angebote? Wem kann ich vertrauen und wo geht es nur um Geldschneiderei?

Ich habe über die letzten 15 Jahre Selbsthilfe vieles aus dem Bereich kennengelernt. Sowohl persönlich wie auch durch Erfahrungsberichte von Betroffenen. Die Situation bleibt für mich ganz schwierig, weil es oft eine Gratwanderung ist. Es gibt keine klaren Indizien, womit man richtig und falsch unterscheiden könnte. Es gibt Behandlungsmethoden, die klingen total verrückt, aber auf der anderen Seite erlebe ich Menschen, denen das glaubhaft geholfen hat. Ich glaube, es wäre falsch, von allen "komischen" Methoden abzuraten. Natürlich ist es schöner, wenn man gut erforschte und fundierte Methoden nutzen kann. Aber was, wenn es in dem Bereich nichts für mich gibt und eine weniger fundierte Methode helfen würde? Soll ich darauf verzichten, nur weil bisher noch kein klarer Nachweis erbracht wurde?

Was helfen könnte ist, sein Sensorium immer weiter zu entwickeln, um seriöse und unseriöse Angebote unterscheiden zu lernen. Hierbei muss man auch seine Fallen kennenlernen, in die man immer wieder tappt. Denn die Anbieter sind natürlich geschickt und locken uns mit Heilsversprechen, mit logischen Erklärungen, mit großen Erfolgen usw. Das machen sie oft nicht mal bewusst, womit sie noch überzeugender wirken. Denn sie glauben wirklich daran, was sie offerieren. Weil es ein für sie nützlicher Glauben ist. Die wichtigste Botschaft in jedem Verkaufsseminar ist: Ein guter Verkäufer ist der, der von seinem Produkt völlig überzeugt ist, der daran glaubt, was er erzählt.

Wenn wir aber wissen, womit wir normal leicht zu ködern sind, dann können wir auch Abstand dazu entwickeln und den Verstand einsetzen. Der Verstand hilft, dass wir nicht in die emotionalen Fallen tappen. Und die meisten Angebote funktionieren, weil sie uns emotional packen. Dabei kann der Zugangsweg durchaus auch über die rationale Ebene gehen, in dem man uns wissenschaftlich von etwas überzeugt.

Ein weiterer Weg ist die Selbsthilfegruppe. Andere Menschen, die alle auch ein Sensorium dafür haben, was sich seriös und was sich unseriös anhört. Oder eigene Erfahrungen, die man mit bestimmten Wegen schon gemacht hat, bekommt man hier zu hören. Natürlich wird man hier auch nicht die einfache und genau richtige Antwort bekommen. Es kann z.B. sein, dass eine angstgeprägte Gruppe sich sehr konservativ verhalten und alle alternativen Wege grundsätzlich ablehnen wird. Wenn aber die Kommunikationskultur in einer Gruppe so ist, dass unterschiedliche Meinungen explizit eingeladen sind, bekommt man in der Regel auch vielschichtige Antworten, die einem helfen können. Das zeigen auch Internetforen, wo in der Regel Meinungen frei geäußert werden.

Was auch hilft: Man muss sich mit allem so auseinandersetzen, dass man allen Seiten genau zuhört. Wer sich zu schnell vereinnahmen lässt und dann nur noch parteiisch in die Welt schaut, führt sich selber hinters Licht. Auch aus diesem Grund ist es gut, viele Menschen zu hören: Was denkst du darüber und warum denkst du so? Viele unseriöse Angebote arbeiten genau mit dieser Methode, dass sie die Welt in gut und böse spalten, sie die alleinige Wahrheit kennen und uns mit ins Boot ziehen wollen. Sie lassen kein Für und Wider zu, sie haben keine Zweifel und verteufelt alles andere. Und für manche Verteufelung sind wir wieder offen, weil wir tatsächlich z.B. schlechte Erfahrungen mit der Schulmedizin gemacht haben. Wir machen alle irgendwo mal schlechte Erfahrungen, dass aber zu verallgemeinern ist oft die Falle.

Vielleicht könnte man die Situation so zusammenfassen: Wir haben einen großen Berg von unnützem oder gar schädlichem Kram vor uns. Aber irgendwo sind auch Goldstücke drin versteckt. Diese Goldstücke für sich zu finden, kann sehr bereichernd und zielführend sein. Mein Eindruck in unseren Gruppen ist, dass eher wenige Menschen überhaupt jenseits der ausgetretenen Pfade suchen.

Auch im kassenfinanzierten System gilt es übrigens, die Goldstücke zu finden. Therapeuten, Ärzte, Kliniken - der Erfolg hängt in großem Maße davon ab, die richtigen Hilfsangebote zu finden, die auf mein Problem und zu meiner Persönlichkeit passen. Das ist bei psychischen Themen noch viel bedeutsamer, als bei körperlichen Leiden. Ein Arzt, der unangenehme Umgangsformen hat, kann trotzdem ein guter Operateur sein. Aber ein Psychotherapeut, mit dem man nicht warm wird, ist selten eine Hilfe. Viele Krankheiten bessern sich auch nur, wenn überdurchschnittlich gut behandelt und geholfen wird. Oder wenn man Menschen trifft, die einem überzeugend klar machen, dass man sich selber überdurchschnittlich für seine Gesundung engagiert ;-)

-- Fred

Weblinks:

30.03.2015 :: Medizinische Abklärung

Bei psychischen Problemen ist die wichtigste professionelle Anlaufstelle sicherlich ein Psychotherapeut. Doch etwas Wichtiges wird dabei gerne übersehen: Es gibt körperliche Ursachen, die eine psychische Problematik auslösen oder zumindest verstärken können.

Nach dem Motto, alles hängt mit allem zusammen, müssen wir auch auf allen Ebenen hinschauen. Obwohl Mediziner das eigentlich wissen müssten, erfahren wir in den Selbsthilfegruppen oft, dass ganz rudimentäre Untersuchungen vom Haus- oder Facharzt nicht gemacht wurden.

Das Allerwichtigste ist sicherlich die Abklärung einer Schilddrüsenerkrankung. Diese hat große Auswirkungen auf das psychische Befinden. Eine Blutuntersuchung, bei der der TSH-Wert überprüft wird, gibt Aufschluss. Gibt es hier Auffälligkeiten, wird zusätzlich der T3 und T4-Spiegel abgeklärt. Auch Ultraschall und weitere radiologische Untersuchungen können folgen.

Eisenmangel kann auch verschieden Symptome auslösen, die auf psychischer Ebene verortet werden: Kopfschmerzen, Schwindel, Leistungsabfall, Vergesslichkeit, Nervosität oder Unruhe. Lässt sich ebenso mit einer Blutuntersuchung ermitteln, der Laborwert heißt Ferritin.

Ein Mangel an verschiedenen Mineralien kann auch zu Schwierigkeiten führen, die sich auf psychischer Ebene zeigen. Das ist z.B. bei Calcium, Kalium oder Magnesium der Fall. Auch diese lassen sich über das Blut überprüfen.

Und natürlich gibts dann auch noch die Vitamine, die ebenso auf die Psyche einwirken. In letzter Zeit sind vor allem Vitamin-D und Vitamin-B im Fokus der Aufmerksamkeit. Eindeutige und belastbare Forschungsergebnisse fehlen hier aber noch.

All diese Sachen lassen sich mit einer ausführlichen Blutuntersuchung herausfinden. Und diese wäre auch angemessen, wenn man die Folgen psychischer Erkrankungen betrachtet und was es bedeuten würde, ein Stück weit Entlastung zu finden. Oft genug ist es aber leider so, dass die meisten dieser Blutuntersuchungen nicht gemacht werden. Und Patienten wissen oft nicht, welche Werte zur Abklärung psychischer Problematiken wichtig sind. Dann spricht der Arzt von einem "Großen Blutbild" und man meint, da wäre dann alles drin. Das ist aber ein großer Irrtum. Es müssen explizit ganz bestimmte Blutwerte ausgewählt und untersucht werden.

Es kommt noch hinzu, dass die Bestimmung bestimmter Blutwerte keine Kassenleistung sind. Das gilt in der Regel bei Vitaminen. Hier muss man die Untersuchung also selber zahlen. Manche Ärzte sind aber der Meinung, dass nur das sinnvoll ist, was auch die Kasse zahlt und bieten es erst gar nicht an. Umgedreht gibt es Ärzte, die bieten einem alles Mögliche an, was gar nicht sinnvoll ist.

Den Arzt zu fragen, welche Werte bei der Abklärung psychischer Problemen sinnvoll wären, ist sicherlich eine gute Idee. Daneben sollte man sich auch noch selber informieren.

Neben den Blutuntersuchungen sollte man auch bei einem Psychiater oder Neurologen eine Diagnostik durchlaufen, um auch hier bestimmte Krankheiten auszuschließen.

Es ist unwahrscheinlich, dass eine soziale Phobie ausschließlich eine körperliche Ursache hat. Es kann aber durchaus körperliche Konstellationen geben, die die Problematik verstärken, das allgemeine Unwohlsein verstärken oder einem die Energie rauben. Und das ist wiederum ungünstig für Veränderungsprozesse auf psychotherapeutischer Ebene.

-- Fred

04.03.2015 :: Junge Selbsthilfe

Wir haben ein interessantes Video zum Thema Junge Selbsthilfe entdeckt:

26.01.2015 :: Radikale Akzeptanz

In der Psychotherapie-Szene taucht in letzter Zeit öfter der Begriff "Radikale Akzeptanz" auf. Ein Konzept, was auch bei der Bewältigung sozialer Ängste und Phobien helfen kann. Die Idee dahinter ist eigentlich nicht neu, wird hier nur gut auf den Punkt gebracht.

Im Westen versuchen wir ja vor allem, unsere Probleme durch anpacken und tun zu bewältigen. Das ist sicher nicht verkehrt, es gibt aber noch einen weiteren Ansatz, der mindestens genauso bedeutsam und notwendig ist. Und den Ansatz bringen vor allem die östlichen Traditionen mit, z.B. der Buddhismus. Es geht um annehmen und wahrnehmen, ohne was tun zu müssen oder sich einzumischen. Das scheint für westliche Augen was sehr passives zu sein, aber in Wirklichkeit ist das richtig anspruchsvolle Bewusstseinsarbeit. Wer z.B. meditiert, tut für westlich geprägte Menschen nichts, aber wer das mal probiert hat, weiß, wie schwer das auch sein kann, seinen Geist zu disziplinieren und sich im Nichtstun zu üben. Und man konnte mittlerweile auch nachweisen, dass durch Meditation im Gehirn bedeutende Umstrukturierungsprozesse ablaufen.

Radikale Akzeptanz fordert dazu auf, sein Bewusstsein zu verändern, die Art, wie man den Dingen und Erscheinungen begegnet. Und oft leiden wir ja nicht unter der eigentlichen Situation, sondern darunter, wie wir die Situation erleben. Und dieses Erleben lässt sich verändern.

Bei sozialer Phobie wird das besonders deutlich: Rot zu werden, ist eigentlich ganz oft überhaupt kein Problem. Aber wir erleben dies als Horror. Es gibt Menschen, die rot werden und sich überhaupt keinen Kopf darum machen. Sie haben das vollständig akzeptiert, dass sie so sind. Und damit haben sie sich vollständig daraus befreit. Ein schönes Beispiel, was radikale Akzeptanz bewirken kann.

Hier wird mal genauer erklärt, was radikale Akzeptanz ist:

26.01.2015 :: Erfahrungsbericht soziale Phobie

Wir haben eine Mail bekommen, in dem uns der Autor sein Buch vorgestellt hat. Ein Erfahrungsbericht über seine soziale Phobie und wie er sie bewältigt hat. Mehr dazu findet ihr hier:

Auf der Homepage findet man auch einige interessante Infos oder Links. Lohnt sich, da mal zu stöbern.

12.01.2015 :: Artikel DAZ: Sozialphobie bei Kindern und Jugendlichen

Ein recht interessanter Artikel, wo endlich auch mal die junge Generation mit ihren Problemen gesehen wird. Gerade die soziale Phobie belastet ja oft schon in jungen Jahren und entwickelt sich auch dort. Insofern ist es wichtig, möglichst früh schon Problematiken zu erkennen und hilfreiche Angebote zu haben.

Die Sache passt auch gerade sehr gut, weil wir ja am letzten Sonntag eine neue Sopha Gruppe für junge Erwachsene gegründet haben.

PDF hier klicken...

11.01.2015 :: Männer und Frauen unter sich

Vor einiger Zeit kam die Idee, mal die sonst gemischten Gruppen aufzuteilen. Frauen unter sich und Männer ebenso. Jetzt tauchte die Idee mal wieder auf und wir werden das in einer der nächsten Offenen Gruppen wohl machen. Dort haben wir sowieso immer 2 parallel laufende Gruppen von jeweils etwa 12 Personen. Wir müssen nur schauen, dass wir das mal an einem Abend machen, wo die Anzahl Männer und Frauen halbwegs ausbalanciert ist.

Jedes Setting lädt ja zu etwas ein. Wir haben das schon einige Male erlebt, dass zufällig nur Männer in der Gruppe waren. Und das waren dann ganz interessante Abende, weil mal über persönliche Dinge gesprochen wurde, die sonst nicht angesprochen wurden.

Woran liegt das eigentlich? Jeder Mensch hat Themen, die kann er problemlos oder sogar gerne mit beliebigen anderen Menschen besprechen. Dann gibt es aber auch Themen, da braucht es bestimmte Bedingungen, damit man darüber reden kann: Vertrauen, Vertrautheit, sich angenommen fühlen, ein interessiertes Gegenüber oder auch mal eine aktive Unterstützung durch andere im Gespräch. Es kommt auch auf die gesellschaftliche Situation an: In einer Selbsthilfegruppe ist man in der Regel viel offener, als auf der Arbeit oder im Gespräch mit einem Nachbarn. Darum funktionieren ja Selbsthilfegruppen so gut: Sie schaffen einen Raum, wo man einfach weiß, hier darf ich über all das reden, worüber ich sonst kaum rede.

Und dann gibt es natürlich die Reaktion auf das andere Geschlecht. Gerade bei sozialen Ängsten kann das eine große Rolle spielen. Es ist vor allem die Bedeutung, die das andere Geschlecht für mich hat oder haben könnte. So fühle ich mich dann z.B. befangen oder kritisch beobachtet. Oder ich bekomme einen inneren Druck, gefallen zu müssen. Dann rede ich vielleicht sehr künstlich und traue mich nicht, authentisch zu sein.

Und dann gibts natürlich den ganzen Bereich Partnerschaft, Erotik, sexuelle Anziehung und Verliebtheit. Wer gerade Single ist, sieht im anderen Geschlecht einen möglichen Partner und wird dann schon aus dieser Situation heraus ganz anders kommunizieren. Und natürlich sprechen Männer auch ganz gerne über Frauen, aber erst dann, wenn sie unter sich sind ;-)

Daneben gibts auch viele Prägungen, die wir in bestimmten geschlechterspezifischen Beziehungen gemacht haben. Da gabs z.B. den unangenehmen Lehrer und ein Mann in der Gruppe erinnert mich von seiner Art her nun an diesen Lehrer. Wir sind ja ständig dabei, das Jetzt mit der Vergangenheit zu vergleichen und uns entsprechend zu verhalten.

All dieses Geschehen ist in der Summe äußerst komplex. Wenn man dann noch Homosexualität mit einbezieht, drehen sich viele Aussagen auch wieder um und es wird in der Summe noch komplexer. Man braucht das aber auch alles gar nicht zu verstehen, es ist ja schonmal interessant, wenn man einfach mal eine Trennung vornimmt. Und sich dann überraschen lässt, was in diesem neuen Gesprächsrahmen so entstehen wird. Selbsthilfe ist ja vor allem ein Ort, wo man viel experimentieren und Erfahrungen sammeln kann.

Reine Männer- und Frauengruppen können auch die Geschlechtersolidarität erhöhen und die Beziehungen unter den Frauen oder den Männern verbessern. Hier ist uns nämlich aufgefallen, dass die Männer irgendwie mehr Kontakt pflegen und mehr Freizeitangebote organisieren. Warum Frauen im Kontakt untereinander zurückhaltender sind, ist eine spannende Frage, die wir in den nächsten Wochen vielleicht mal erkunden.

Interessant könnte es auch werden, wenn eine Frauengruppe einer Männergruppe gegenübertritt. Hier kann die Stärke, die man durch den Zusammenhalt in seiner Gruppe erlebt, etwas ermöglichen, was sonst vielleicht nicht denkbar wäre. Man müsste also auch noch Möglichkeiten schaffen, wo sich beide Gruppen im Gespräch begegnen.

-- Fred

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