Sopha Selbsthilfe

Reißt die Mauer ein!

Autor: Phönix

Tear down the wall! - Reißt die Mauer ein!

Wer kennt nicht das Pink Floyd Album 'The Wall'?

Und wenn nicht, hört es Euch mal an! Dieses musikalisch und inhaltlich intensive Konzeptalbum ist immer noch sehr hörenswert. Es handelt unter anderem von der Einsamkeit eines Menschen inmitten unserer Konsum- und Mediengesellschaft. Es macht mich beim Hören allerdings manchmal nachdenklich und auch traurig.

Eine Mauer - gibt es ein treffenderes Symbol für die Einsamkeit und Isolierung des Menschen? Der Mensch umgeben von meterdicken, undurchdringlichen Mauern.

Wer fühlt sich nicht manchmal einsam und eingesperrt? Wir alle, denke ich. Das alleine ist noch nicht sehr ungewöhnlich und gehört wohl zum Leben, wie Lachen und Weinen, Sommer und Winter.

Was ist jedoch, wenn diese Mauern immer dicker und höher werden? Wenn die Außenwelt, andere Menschen, Orte der Geselligkeit, die ganze Umwelt - also die Dinge, die das Leben erst schön und wunderbar machen - mehr und mehr unerreichbar werden?

Es gibt Menschen, die erleiden einen solchen Zustand des "In-Sich-Eingemauert-Seins".

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir brauchen den Umgang mit anderen Menschen, um uns wohl zu fühlen, um Halt zu finden, um glücklich zu sein. Familie, Verwandte, Bekannte, Freunde und Lebensgefährten.

Umso schlimmer wirkt sich die Eingeschränktheit oder gar Unfähigkeit soziale Kontakte zu pflegen, durch Ängste verursacht, auf das Gemüt eines Menschen aus.

Auch körperlich können diese Ängste den Menschen sehr negativ beeinträchtigen: Symptome wie Schwitzen, Zittern, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Erröten, Frieren, innere Unruhe, Unwirklichkeitsgefühle oder Konzentrationsstörungen sind häufig.

Sehr oft haben soziale Ängste noch viel weiterreichende Folgen: Weitgehende Vermeidung von sozialen Kontakten, Alkohol- / Beruhigungstabletten-Abhängigkeit, Arbeitssucht (der Workaholic), Depressionen, Verlust des Arbeitsplatzes, totale Vereinsamung und sogar der Selbstmord.

Das klingt hart, ist leider aber Realität.

Und wie oft wird eine Soziale Phobie abgetan und nicht als solche erkannt?

"Ach ja, er ist halt sehr still und schüchtern.", oder "Du bist halt ein Eigenbrödler.", heißt es oft. Oder es werden nur die Folgeprobleme beachtet (z. B. eine Sucht), oder lediglich die körperlichen Symptome mit Medikamenten behandelt.

Im Fall der Sozialen Phobie (also der Angst im Umgang mit anderen Menschen) verhindern Ängste, daß ein Mensch sich so verhalten kann, wie er eigentlich möchte; und auch wie es von diesem von der Gesellschaft erwartet wird; in der Schule, im Beruf, aber natürlich auch im privaten Lebensbereich.

Führt man sich dies alles vor Augen, erscheint es für viele Betroffene wie eine unüberwindbare Mauer, sich einer Gruppe von Menschen anzuvertrauen und über SICH SELBST zu sprechen.

Für viele ist allein schon die Vorstellung der Anwesenheit in einer Gruppe von anfangs unbekannten Menschen ein Ding, welches Ängste verursacht; und wohl mancher wird dabei glauben: 'Das würde ICH nie schaffen!'.

Ich selbst konnte (wollte?) dies auch einige Jahre nicht.

Doch irgendwann habe ich mir so sehr gewünscht, mich anderen Menschen wieder zu öffnen, dass die Angst, die ich dabei anfangs aushalten musste, es mir wert war, es durchzuhalten.

Alle in der Gruppe haben das gleiche Grundproblem und können die angesprochenen Probleme meistens nur zu gut nachvollziehen. Sie wissen, wovon man spricht, und man erkennt sich selbst gleichzeitig in den anderen oft wieder. Ich fühle mich verstanden und akzeptiert und das ist ein schönes Gefühl.

Inzwischen sind bei mir diese Anfangs-Ängste weitgehend verflogen, und ich kann mich in der Gruppe (meistens) so geben, wie ICH WIRKLICH BIN.

Wenn dieser Punkt erreicht ist, so denke ich, ist ein entscheidender Schritt getan. Ein Schritt hin zum freien Leben.

Ich habe diesen Punkt erreicht und darauf bin ich sehr stolz - und es macht mich auch sehr glücklich!

Heute, nachdem ich die Erfahrung gemacht habe, mich einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit sozialen Ängsten anzuschliessen, kann ich sagen, daß es wirklich eine Art "Mauerdurchbruch" war!

Durch dieses Loch in der Mauer kann ich Dinge sehen, die ich schon längst verloren geglaubt hatte.

Es ist nur ein Anfang, vielleicht ein Sprungbrett.

Und Stein für Stein trage ich weiter ab...

Reißt Eure Mauer ein!