Sopha Selbsthilfe

Heilung finden - Gemeinschaft leben

von Fred vom Jupiter

Juni 2001

Soziale Ängste - die Angst vor den Anderen

Du wirst in diese Welt geboren. Du machst Erfahrungen, wie das hier so auf dieser Welt ist. Wie fühlt sich das an? Ist es eine Welt, wo es schön ist? Wo du Raum und Zeit hast, die Dinge kennenzulernen, die Welt zu lieben? Welche Begegnungen mit anderen Menschen machst du? Wie erlebst du Begegnungen mit den Menschen? Was sind deine ersten Erfahrungen mit Anderen? Mit deinen Eltern, deinen Geschwistern, deinen ersten Freunden, deinen Großeltern, mit dem Dorfpfarrer oder dem Nachbarn, mit Erziehern, Lehrern und Mitschülern?

Wer soziale Ängste hat, machte meist schon sehr früh die Erfahrung: "Mit anderen Menschen ist es schwierig, gefährlich, bedrohlich, leidvoll und unangenehm." Das ist Realität. Begegnungen mit Menschen können die Hölle sein.

Ich glaube, daß wir uns alle nach guten und liebevollen Erfahrungen mit anderen Menschen sehnen. Gleichzeitig ist das oft so schwierig und unmöglich.

Es braucht eine gute Gemeinschaft

Schlechte Erfahrungen lassen sich nicht einfach löschen oder ungeschehen machen. Und das ist im Grunde auch gut so. Die Ängste, die man verspürt, haben einen realen Hintergrund, dass man eben irgendwann mal eine ziemlich schmerzliche Erfahrung gemacht hat. Viele Erfahrungen sind uns dabei garnicht mehr bewußt. Und mitunter sind es gerade auch Dinge, die wir nicht erlebt haben, die wir aber dringend gebraucht hätten. Bspw. geliebt, angenommen und gemocht zu werden, sich geborgen und sicher zu fühlen.

Mir geht es hier darum, das es wichtig ist, gute Erfahrungen zu machen. Erfahrungen, dass es schön ist, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Erfahrungen, die berühren, die ermuntern, die aufrütteln und Kraft geben. Das es gut tut, von anderen gemocht und verstanden zu werden. Es ist schön zu spüren, dass man wichtig ist, dass man gesehen wird.

Was für Begegnungen mit anderen Menschen taten dir gut? Worauf hast du Lust? Was erfüllt dich? Was macht dich emotional richtig satt? Wo kannst du sagen: "Aaahhh... das tut mir richtig gut!"

Ein hilfreiches Umfeld, eine gute Gemeinschaft kann es ermöglichen, dass schöne und angenehme Dinge miteinander entstehen. Und das sehe ich als einen wichtigen Teil für Heilung von sozialen Ängsten.

Gemeinschaft kann vielerorts möglich sein. Mir fällt da natürlich sofort unsere Selbsthilfegruppe ein. Neben den normalen Gesprächsabenden haben wir auch andere Möglichkeiten geschaffen, miteinander angenehme Dinge zu leben: Spieleabende, Wanderungen, Kurzurlaube, tanzen und Party. Unter "Leidensgenossen" werden so Dinge möglich, die man sich zuvor vielleicht nicht hätte vorstellen können.

Es gibt natürlich auch noch viele weitere Möglichkeiten, auf gute Gemeinschaften zu stoßen. Eine richtig gute Erfahrung habe ich gemacht, als ich vor mehreren Jahren in einer psychosomatischen Klinik war. Gerade die Gemeinschaft dort hat mir sehr viel Kraft und Freude gegeben, hat mich berührt. Dort habe ich den Wert von guten Gemeinschaften kennengelernt.

Auch der Kochkurs an der Volkshochschule oder das autogene Training bei einer Krankenkasse ist ein Gemeinschaftserlebnis. Genauso wie ein Lauftreff, das Aikido-Training oder gemeinsame Meditation. Es gibt viele Möglichkeiten, mit anderen Menschen zusammen was Sinnvolles zu tun, was Verbundenheit fördert.

Mir ist es wichtig zu schauen: "Wie kann ich gute Erfahrungen mit Menschen machen?" Erfahrungen, die das Gefühl hinterlassen: "Ah, mit Menschen zusammen zu sein, das ist eine schöne, wohltuende, erfüllende Sache." Es geht mir also darum, Erfahrungen zu machen, die den ursprünglichen negativen Erfahrungen etwas entgegensetzen.

Um gute Erfahrungen machen zu können, braucht es ein gutes Umfeld. Menschen, die bereit sind, gut miteinander umzugehen, die einen liebevollen Umgang miteinander wertschätzen.

Einige Qualitäten heilsamer Beziehungen sind:

  • Ich fühle mich angenommen, so wie ich bin.
  • Ich spüre Wohlwollen und Wärme.
  • Auch meine Schattenseiten dürfen da sein.
  • Ich spüre Vertrauen zu dir, zu euch.
  • Hier kann ich mich ausdrücken, mich zeigen.
  • Hier bin ich wichtig, werde gesehen, gehört und gebraucht.
  • Ich kann mich auf dich, auf euch verlassen.
  • Ich werde gemocht.
  • Ehrlicher und offener Umgang.

Ich finde es wichtig, sich Orte zu suchen, wo solche Beziehungen möglich sind. Für mich ist unsere Selbsthilfegruppe ein Schritt in diese Richtung. Mir ist es wichtig, dort gute Beziehungen mit den Anderen leben zu können.

Das eigene Gefängnis

Wer schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, verschließt sich oft, zieht sich zurück, läßt keinen Kontakt mehr entstehen. Denn wenn ich mich öffne, ist auch immer die Gefahr, verletzt zu werden.

Dadurch, dass ich mich selbst so eingerichtet habe, aus Schutz keinen Kontakt mehr zuzulassen, habe ich mir auch ein eigenes Gefängnis gebaut.

Ein gutes Umfeld kann ein Ausgangspunkt sein, wieder den Mut zu schöpfen, sich aus diesem Gefängnis zu befreien. Wieder auf Menschen zuzugehen. Sich zu zeigen, etwas von sich zu erzählen. Meine Erfahrung ist, dass das mitunter recht lange dauert. Es braucht Zeit, sich wieder anderen Menschen zu öffnen. Und so braucht es auch viel Geduld. Mit sich selbst und mit den Anderen.

Stichwörter

Selbsthilfe Dortmund, Sozialphobie, soziale Angst, soziale Phobie, Schüchternheit, Kontaktschwierigkeiten, Gemeinschaft, Öffnung, Miteinander, Mitgefühl