Pilotprojekt Gesundungshaus Dortmund
Vorwort
Dies ist eine Vision, die als Aprilscherz 2013 entstand. Die Idee an sich hat aber durchaus einen realen Hintergrund. Die Versorgung von Menschen, die in akuten psychischen Krisen stecken, ist äußerst ungünstig. Es gibt einfach viel mehr Möglichkeiten, was man tun könnte, die zudem noch viel kostengünstiger wären, als das bisherige Konzept der Psychiatrie. Psychiatrien sind ganz sicher notwendig und wichtig. Es gibt aber genügend Krankheitsbilder und Krisenformen, für die andere Konzepte, wie sie hier vorgestellt werden, viel passender sind, um zu gesunden und wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
Vision
Für Menschen in akuten psychischen Krisen, bleibt mitunter nur der Weg in die Psychiatrie. Worum geht es bei diesem Schritt eigentlich? Man spürt, man kommt nicht mehr alleine zurecht. Ängste, Depressionen oder sonstige schwierige Gefühle sind so stark, dass sie einen überfordern. Man braucht ein haltgebendes Umfeld, was einen wieder aufbaut. Die Bedürfnisse können hier sehr unterschiedlich sein. Der eine braucht vor allem Rückzug aus seinem normalen Umfeld und Ruhe, ein anderer braucht viel Kontakt mit anderen Menschen und ein weiterer vielleicht therapeutische Gespräche zur Klärung seiner Situation. Auch Medikamente können nötig sein, um kurzfristig für Entlastung zu sorgen.
Psychiatrien sind nach unserer Erfahrung nicht immer optimal. Die sterile Krankenhaus-Atmosphäre mit Pflegepersonal in weiß ist nicht unbedingt Balsam für die Seele. Der Massenbetrieb lässt wenig Freiraum für individuelle Zuwendung. Und wer Probleme hat, seine Bedürfnisse lautstark anzumelden, geht auch gerne mal unter und erfährt über Wochen so gut wie kein therapeutisches Angebot. Gerade bei Schüchternheit und sozialen Ängsten ist das ein Problem.
Wenn man dann noch die Tagessätze sieht, die für die Aufrechterhaltung solcher Massenbetriebe nötig sind, fragt man sich, ob es nicht auch mit weniger Geld viel besser geht. Immerhin sind es 250-400 Euro pro Tag und Patient, die so eine Einrichtung verschlingt.
Es gibt Hoffnung. In Dortmund soll dieses Jahr das Pilotprojekt Gesundungshaus starten. Zielgruppe sind vor allem Menschen, die zwar in Krisen stecken, die sich aber durchaus noch in einem guten Umfeld selbständig organisieren können. Es soll ein Angebot sein, wo man unkompliziert und ohne große Hürden mal eben für ein paar Wochen einkehren kann, um sich wieder zu stabilisieren.
Es soll ein kleines Haus mit etwa 30 Gästen sein. Das Wort Patient wird absichtlich nicht verwendet, weil Krankheit hier nicht im Vordergrund steht. Es geht um einen guten Ort, an dem man gesunden kann. Das Haus liegt im Grünen etwas außerhalb von Dortmund in Richtung Hohensyburg. Direkt vom Haus aus gehts in den Wald und man kann ausgiebig Spaziergänge machen und die Natur genießen.
Die Inneneinrichtung hat nichts mit Krankenhaus zu tun, sondern erinnert eher an eine Wohlfühloase. Wohltuende Farben und eine Inneneinrichtung, die Wärme und Natürlichkeit ausstrahlt. Nicht teuer oder luxeriös, und doch einfach wohltuend. Im Keller gibts ein kleines Schwimmbad und eine Sauna. Das Gebäude ist ein altes Fachwerkhaus, was derzeit hierfür hergerichtet wird. Es steht auf einem alten Bauernhof, wo auch noch viel Platz für weitere Ideen ist. Evtl. wird es etwas in Richtung Tiertherapie mit Pferden oder Lamas geben. Auch ein Gemüsegarten, der von den Gästen gepflegt wird, ist im Gespräch. Eine Wiese zum Sonnen und grillen ist auch vorhanden.
Die Organisation im Haus ist von viel Selbstverantwortung geprägt. Es gibt 4 kleine Wohngruppen von 7-8 Personen. Jeder hat ein Einzelzimmer, um sich jederzeit zurückziehen zu können. Die Wohngruppe hat einen Gemeinschaftsraum, wo man gemütlich beisammensitzen kann. Auch Gesellschaftspiele sind genügend vorhanden, um sich zu beschäftigen. Auf Fernsehen wird absichtlich verzichtet, um den realen Kontakt in der Wohngruppe zu aktivieren.
Für jede Wohngruppe gibt es auch eine gemeinsame Küche. Die Zubereitung der Mahlzeiten übernimmt die Wohngruppe in Eigenverantwortung. Ein Wohngruppentherapeut gibt hier Unterstützung, wenn nötig. Ziel soll aber sein, dass die Gruppe sich im alltäglichen Ablauf möglichst gut selber organisiert. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die Abnahme sämtlicher Verantwortung oft nicht gut für die psychische Gesundung ist, weil sie gleichzeitig ein Gefühl von Hilflosigkeit vermittelt. Wer sich selber weiterhin um ein paar wichtige Dinge des Alltags kümmert, hat mehr das Gefühl, sein Leben in der Hand zu haben. Und es ist auch schön, hier Erfolgserlebnisse zu haben und seine Fähigkeiten einzubringen.
Mit dem Wohngruppentherapeuten gibt es regelmäßig therapeutische Angebote. So soll täglich eine Gruppentherapie stattfinden, in der jeder seine Probleme einbringen kann. Auch geht es hier darum, das Miteinander in der Wohngruppe zu klären. Die Idee ist, dass eigene Problematiken auch in der Wohngruppe auftauchen werden und man sie so direkt aufarbeiten kann.
1-2 mal in der Woche hat jeder auch ein Einzelgespräch bei seinem Wohngruppentherapeuten. Hier können Dinge besprochen werden, die vielleicht (noch) in der Gruppe zu schwierig zu besprechen sind.
Der Wohngruppentherapeut regt auch Aktivitäten an, die die Gruppe in Eigenverantwortung durchführt. So werden Wanderungen und Ausflüge geplant oder man hört sich gemeinsam einen therapeutischen Vortrag an. Je nach Bedürfnis der Gruppe können viele weitere Dinge entstehen, z.B. gemeinsames Singen, Tanzveranstaltungen oder sportliche Aktivitäten.
Im Haus gibt es auch wohngruppenübergreifende Angebote. Es gibt einen zentralen Kreativraum, in dem jeder zu jeder Zeit Zugang hat. Dort kann gemalt werden oder man kann mit Ton arbeiten. Zu bestimmten Zeiten sind hier auch Therapeuten anwesend, die einem helfen, kreative Potenziale auszudrücken. Auch sollen hier mehrmals in der Woche geführte Kurse angeboten werden.
Ein paar Angebote laufen auch in der Großgruppe, wo alle Wohngruppen zusammenfinden. Hierfür gibt es einen großen zentralen Gruppenraum. Einmal in der Woche soll es hier z.B. die achtsamkeitsbasierte Bewegungstherapie geben. Auch weitere Entspannungstechniken wird es geben. Samstag abend wird auch ein Abend mit Tanz und Musik angeboten. Für alle, die Lust dazu haben. Und natürlich gibt es einmal die Woche ein Plenum, in dem alle Gäste gemeinsame Dinge planen, das Zusammenleben besprechen und Aufgaben verteilen.
Durch das starke Maß an Selbstorganisation der Wohngruppen soll das Haus mit relativ wenig Angestellten auskommen. Geplant sind 3 Wohngruppentherapeuten und 4 weitere Stellen. So kommt das Haus mit schätzungsweise 40-60 Tausend Euro pro Monat aus. Somit kommt man mit Tagessätzen von nur 50-70 Euro aus. Das ist ein viertel des Tagessatzes für einen Psychiatrieplatz bei gleichzeitig intensiver Betreuung! Damit könnte es ein Erfolgsmodell in doppelter Hinsicht werden: Extrem günstig für unser Gesundheitssystem und gleichzeitig viel dichter an den Bedürfnissen dran, die Menschen in psychischen Krisen eigentlich haben. Das Haus steht natürlich gesetzlich Versicherten genauso offen wie privat Versicherten. Hier werden keine Unterschiede gemacht.
Durch den selbstorganisierenden Charakter im Haus ist das Thema Selbsthilfegruppe natürlich auch von zentraler Bedeutung. Deshalb hat die Projektgruppe Gesundungshaus auch Kontakt mit uns und weiteren Selbsthilfegruppen aufgenommen. Noch im April soll es ein erstes Austauschtreffen geben, in dem wir die Zusammenarbeit abstecken werden. Wir freuen uns schon sehr darauf, weil das ein wirklich hoffnungsvolles Projekt ist. Da bringen wir uns gerne mit ein.
-- Fred