Sopha Selbsthilfe

Biofeedback - Atemfeedback

von Fred und Martin

In unseren westlichen, mehr auf den Körper ausgerichteten Therapien (wie Rolfing oder Bioenergetik) erlebt der Klient, wenn die Blockierungen der Atmung in der Brust und im Zwerchfell sich lösen und er in den Kontakt mit seinem Bauchzentrum kommt, eine tiefgreifende Veränderung.
(Ron Kurtz/Hector Prestera, Botschaften des Körpers)

Vorwort

Beim Biofeedback wird versucht, körpereigene Prozesse visuell oder akustisch wahrnehmbar zu machen. Hierzu gibt es Biofeedback-Geräte, welche die Veränderungen im eigenen Körper erkennen, diese verstärken und zurückgeben, z.B. in Form von Licht oder Tönen. Beim Atemfeedback kann dies dann so sein, dass beim Einatmen ein Ton immer lauter wird und eine Brille immer stärker Licht ausstrahlt. Die Art zu atmen, spiegelt sich also in diesem akustischen und visuellen Feedback direkt wider.

Dies ist ein ganz spannender Kreislauf. Dadurch, dass ich so gut wahrnehme, wie ich atme, kann ich den Atem willentlich sehr gut beeinflussen. Vor allem spüre ich dadurch sehr differenziert, wie ich ihn beeinflusse. Auch unbewusste Prozesse geschehen, wenn man einfach nur das Aus und Ein seines Atems hört oder sieht. Oft kommt es zu Entspannung und Loslassen.

Wir waren neugierig, wie diese Methode im Zusammenhang mit sozialen Ängsten nützlich sein könnte. Über einen Infobrief wurden wir auf die Firma BioMental aufmerksam, die solche Geräte produziert. Sie stellte uns freundlicherweise kostenlos ein Atemfeedbackgerät zum Test für ein paar Wochen zur Verfügung.

Die Erfahrungen damit stellen wir hier vor.

Die Technik

Das Biofeedbackgerät RFB.micro von BioMental ist ein Atemfeedbackgerät. Es ist in etwa so groß wie ein kleiner Walkman. 3 Teile werden über Kabel damit verbunden: 1 Kopfhörer, eine Feedback-Brille und der Atemsensor. Den Sensor klemmt man sich unter den Gürtel der Hose. Oder man nutzt den mitgelieferten Gürtel, den man z.B. in Bauchgegend umlegt. Je mehr man einatmet, um so stärker drückt der eigene Körper auf den Atemsensor. Das erzeugte Signal wird an das Feedbackgerät weitergegeben und ausgewertet.

Das Feedbackgerät selber ist Mikroprozessor-gesteuert und enthält auch einen Soundchip, der wohlklingende Soundeffekte erzeugen kann. Das ist wichtig, damit das akustische Feedback angenehm und nicht nervig ist. Am Gerät selber kann man eine Reihe von Programmen auswählen. Es gibt verschiedene Sounds, z.B. Meeresrauschen oder Orgelklänge. Auch kann man wählen, ob beim Ein- oder Ausatmen der stärkere visuelle/akustische Effekt eintreten soll. Also je nachdem, ob man sich mehr auf die Ausatmung oder Einatmung konzentrieren möchte.

Die Feedback-Brille verdunkelt die Augen. Gleichzeitig kann der Raum vor den Augen durch Leuchtdioden ausgeleuchtet werden. Mit geschlossenen Augen bekommt man also unterschiedliche Helligkeitseindrücke, z.B. beim Einatmen heller werdend, beim ausatmen dunkler werdend.

Die Technik empfanden wir neben ein paar Kleinigkeiten als recht ausgereift und funktional. Wir konnten sie problemlos einsetzen und uns auf die Erfahrungen mit dem eigentlichen Feedback konzentrieren.

Der Preis von 498 Euro ist zwar für ein Medizinprodukt nicht untypisch, für den privaten Gebrauch aber ganz schön heftig. Man hat jedoch die Möglichkeit, es für 4 Wochen für 60 Euro zu mieten. Wenn man bedenkt, dass eine Therapiestunde in etwa das gleiche kostet, könnte das sinnvoll angelegtes Geld sein. Zumal man in 4 Wochen ein Gefühl dafür entwickeln kann, wie hilfreich so ein Gerät für einen sein kann.

Fred's Erfahrungen

Besonders in körpertherapeutischen Psychotherapieansätzen ist bekannt, dass psychische Leiden sich oft in einer ungünstigen Atmung widerspiegeln. Die Atmung ist z.B. flach und nur im Brustkorb, also nicht tiefreichend. Im Yoga, Tai-Chi und in einigen Meditationspraktiken lernt man, tief in den Bauch zu atmen. Die Betonung liegt dabei meist auf der Ausatmung. Ausatmen heißt loslassen und wer Angst hat, kann oft nicht richtig loslassen. Andere wiederum haben Probleme mit dem Einatmen. Einatmen heißt hineinlassen, in sich aufnehmen, etwas nehmen. Auch das kann Angst machen und so kommt es zur Vermeidung der natürlichen Atmung.

Wenn Atmung und Psyche eng miteinander verbunden sind, dann könnte eine Schulung des Atems auch positive Effekte auf das psychische Gleichgewicht haben. So ist die Idee und deshalb wird in obigen Praktiken, aber auch in körpertherapeutischen Ansätzen die Atmung geschult. Auch diverse wissenschaftliche Erkenntnisse auf diesem Gebiet zeigen, wie wichtig ein guter Atem ist. Ein ruhiger, harmonischer und tiefer Atem kann Entspannung fördern oder ist Voraussetzung für Entspannung. Auch im autogenen Training gibt es ja Formeln in diese Richtung.

Gute Erfahrungen machte ich bisher mit einer Meditationspraxis, die ich über mehrere Jahre trainierte. Es war eine Form aus dem Zen, wo es darum ging, so tief es geht, auszuatmen, um dann die Luft von ganz alleine wieder einströmen zu lassen. Durch das tägliche Training änderte sich auch meine Atmung während des ganzen Tages. In Situationen, die mich aufregten, konnte ich durch ruhige Atmung besser das Gleichgewicht bewahren. Die Atmung war sozusagen ein Anker der Ruhe, der mir Stabilität gab.

Jetzt war ich gespannt, wie man den Atem mit so einem Feedbackgerät trainieren kann. Mir ging es also vor allem um ein bewusstes Training, gar nicht so sehr um eine Entspannung, die von ganz alleine entsteht, ohne das man irgendwas willentlich beeinflusst.

Ich wählte ein Programm aus, welches beim Ausatmen ein immer lauteres Meeresrauschen und mehr Licht in der Brille produzierte. Die Betonung liegt dabei also auf der Ausatmung. Das heller werdende Licht animiert einen gut dazu, tiefer zu atmen. Es ist ein angenehmens Empfinden, dieses Licht und rauschen zu beobachten. Für Menschen mit einem unruhigen Geist, ist es sicherlich einfacher, mit so einem Feedback zu arbeiten, als nur auf seinen Atem zu achten, wie das bei Meditation der Fall ist. Durch das intensivere Feedback kann man einfach besser beim Atem bleiben und driftet nicht so schnell ab. Bei Meditation braucht es mehr Ausdauer und Geduld.

Mit der Idee im Kopf, ruhig und ausgeglichen zu atmen, kann man nun problemlos eine halbe Stunde im sitzen oder liegen üben. Das Gefühl dabei war angenehm, so dass ich mich auf die nächste Sitzung am kommenden Tag freute. So übte ich dann mehrmals innerhalb einer Woche.

Die Kurzzeitbilanz ist also positiv. Ich halte so ein Gerät für sehr geeignet, um dem Atem mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Durch diese gesteigerte Aufmerksamkeit kann man im Alltag überhaupt erstmal wahrnehmen, wie man atmet. Und dabei fällt einem vielleicht auf, das der Atem oft nicht harmonisch fließt. Und das hat ja direkten Einfluß auf innere Prozesse im Körper, mit all den Empfindungen, die das wiederum auslöst. Über das Atemfeedback kann man nun regelmäßig einen harmonischen Atem trainieren, der dann auch in den Alltag mit übernommen werden kann.

Für den Anfänger ist es allerdings recht schwierig, ein Gefühl dafür zu bekommen, was überhaupt gutes und richtiges Atmen bedeutet. Hier wäre es gut, zuerst mit einem entsprechenden Fachmann einen guten Atem zu üben. Zu diesem Thema gibt es auch Volkshochschulkurse oder Kurse in Bildungswerken. Vielleicht bekommt man bei Leitern solcher Kurse auch Einzelstunden. In jeder größeren Stadt sollte es auch speziell ausgebildete Atemtherapeuten oder Körper-Psychotherapeuten geben.

Benutzt man Biofeedback zur Atemschulung, ist eines wichtig: Man darf nicht nur ausschließlich auf das akustische und visuelle Feedback achten. Macht man dies, ist man sozusagen wieder blind für seinen Atem, sobald man das Gerät weglegt. Und damit ist für den Alltag nur wenig gewonnen. Man muss vielmehr auch in den Körper hineinspüren, wie es sich dort anfühlt, wenn man aus- und einatmet. Das Feedbackgerät ist sozusagen nur ein Hilfsmittel, was man verwendet, um ein besseres eigenes Körpergefühl für den Atem zu entwickeln. Gut geht das, wenn man die Aufmerksamkeit auf den Körper richtet, während das Feedbacksignal eher nebenher wahrgenommen wird. Auch kann man damit experimentieren, die Lautstärke des Feedbacksignals zu verringern, damit die eigenen Körpferempfindungen stärker wahrgenommen werden.

Diesen Effekt kennt man übrigens auch aus Bewegungsschulungen, z.B. aus dem Feldenkrais. Um sich gut bewegen zu können, muss man vor allem das innere Gefühl kennen, wie es sich also anfühlt, wenn der Arm sich ein Stück hebt usw. Wenn man vor einem Spiegel steht, hat man auch hierüber ein Feedbacksystem. Menschen, die so Bewegung lernen, kennen oft nicht das innere Gefühl und können Bewegungen dann nicht mehr so geschmeidig ausführen, sobald der Spiegel wegfällt. Deshalb konzentriert man sich beim Feldenkrais auf das innere Wahrnehmen und vermeidet Spiegel. Ein Spiegel kann jedoch hilfreich sein, wenn man ihn nur als Hilfsmittel betrachtet und sich vor allem auf die inneren Wahrnehmungen konzentriert. Das muss eine bewusste Wahrnehmungslenkung sein, weil man normal sich nur auf den Spiegel konzentriert.

Beim Lernen von Blindschreiben auf einer Schreibmaschine ist es ähnlich. Gute Schulen machen es so, dass sie die Teilnehmer irgendwann im dunklen Raum schreiben lassen, um eben nicht dieses Feedback durch beobachten des Geschriebenen zu haben. Es geht darum, das innere Gefühl für die Bewegung auszuprägen. Menschen, die Blindschreiben nur am Computer lernen, wo man Tippfehler schnell wieder löschen kann, schreiben oft mit viel mehr Fehlern und das selbst nach vielen Jahren Übung. Sie lernen auf einer bestimmten Ebene nicht mehr dazu. Und das ist die Ebene, die das Bewegungsgefühl betrifft, unabhängig vom visuellen Feedback.

Für Meditation braucht man am Anfang Willenskraft und Disziplin. Es ist für viele nicht einfach, sich eine halbe Stunde hinzusetzen und einfach nichts zu machen, als auf den Atem zu achten. Das überfordert oftmals. Das ist schade, weil es an sich eine gute Methode ist.

Das Atemfeedback dagegen ist einstiegsfreundlich. Es ist angenehm und ohne Mühe ausführbar. Durch den Entspannungseffekt ist es in der Regel wohltuend.

Entspannung - das wäre die andere Möglichkeit des Umgangs mit dem Gerät. Einfach nur auf sich wirken lassen, ohne irgendwas willentlich zu tun. Auch dies habe ich einmal ausprobiert. Zuerst fiel es mir schwer, die Kontrolle ganz abzugeben, also nicht den Atem zu kontrollieren oder irgendwas zu machen. Einfach nur Beobachter sein, ohne irgendwas zu tun. Sobald ich den Atem höre, tendiere ich dazu, mich einzumischen. Irgendwann klappte es aber. Und dann glitt ich in eine schöne Entspannung. Fast wäre ich dabei eingeschlafen. Aber der Schlußton des Gerätes brachte mich wieder sanft ins Hier und Jetzt zurück.

Wie kann Atemfeedback nun konkret bei Sozialphobie oder Schüchternheit helfen? Starke Angstgefühle verschwinden mit Sicherheit nicht, wenn man nur ruhig und ausgeglichen atmet. Den Atem zu schulen ist vielmehr eine begleitende Maßnahme neben der eigentlichen Therapie und vielen anderen Dingen. Atem ist aber auch etwas ganz Zentrales und Wesentliches. Durch einen ruhigen Atem kann man sich einen Anker schaffen für Situationen, die schwierig sind. Wenn ich aufgeregt bin, bevor ich z.B. eine Rede halten muss, atme ich bewusst ruhig und tief, um mich ein Stück innerlich auszugleichen. Das schafft ein Stück Erleichterung, auch wenn die Angst dabei trotzdem weiter da ist. Ich fühle Angst, aber die Angst spült mich nicht weg.

Aber auch neben solchen Extremsituationen von starker Angst hilft es mir im Alltag, die Ruhe zu bewahren und nicht so in Hektik zu verfallen. Ich kann mich auch besser sammeln, wenn ich auf eine ruhige Atmung achte. Wenn ich in unruhigen Situationen mir auch nur 1 Minute Zeit nehme, die Augen schließe und ganz ruhig durchatme, ist schon viel gewonnen.

Martin's Erfahrungen

Ich habe das Gerät eine Woche getestet und dabei täglich einmal eine halbstündige Sitzung (genauer gesagt "Liegung") abgehalten.

Als generell hilfreich empfand ich, dass dieses Gerät einen quasi daran erinnert, dass man den Atemfluss trainieren will. Es wird sozusagen zu einem "Freund und Helfer". Wenn man dies bedenkt, könnte das Gerät farbig schöner gestaltet sein, das weiße Gehäuse erinnert mich an so sterile weiße Blutdruckmessgeräte.

Und so geht’s: Man schnallt sich einen Gürtel (in den ein Drucksensor integriert ist) um den Bauch, justiert das Gerät auf den Normaldruck, setzt eine lichtundurchlässige Brille (in denen sich Leuchtdioden befinden) und die Kopfhörer auf. Das Feedback bekommt also Input durch den am Bauch angebrachten Drucksensor beim Atmen. Der Output für den Anwender sind akustische Signale und Licht, das durch die geschlossenen Augenlieder wahrgenommen wird. Die Atemintensität wirkt sich also direkt auf das Feedback aus, so dass man sehr gut ein Gefühl dafür bekommt, wie man selbst atmet.

Die Atemübungen selbst waren, nach kurzem Lesen des Handbuchs, schon am Anfang recht erfolgreich. Mein bevorzugtes Feedback-Programm war ein an- und abschwellendes Meeresrauschen beim Einatmen und ein Lichtsignal beim Ausatmen. Ich hatte wirklich das Gefühl, irgendwo in der Südsee am Strand zu liegen. Dadurch, dass der Drucksensor mit einem Gürtel in der Bauchgegend angebracht wird, wird die entspannende und natürliche Bauchatmung gefördert.

Fazit

Das Gerät eignet sich als unterstützende Möglichkeit, um sich mit seinem Atem auseinanderzusetzen. Im einfachsten Fall lässt man das Feedback unbewusst auf sich wirken, stellt sich vielleicht ein schönes Ruhebild vor (Strand und Meer), und taucht in eine Entspannung ab.

Wer auf bewusster Ebene eine bestimmte Atmung trainieren möchte, wird ebenfalls gut durch das Gerät unterstützt. Wohltuend war das in unserem Fall bei Neigung zu Hyperventilation (Übermäßige Atmung), bei Panikattacken oder anderen Ängsten, die sich auf die Atmung auswirkten. Hier half das Gerät, tiefer und gleichmäßiger bis in den Bauch hinein zu atmen. Die Erfahrungen während des Trainings konnten in den Alltag übernommen werden.

Kommt die Psyche ins Ungleichgewicht, ist oft auch der Atem davon betroffen. Eine Schulung des Atems kann sich umgedreht harmonisierend auf die Psyche auswirken, wie uns viele Traditionen und körpertherapeutische Ansätze lehren. Auch kann man über eine ruhigen und ausgeglichenen Atem in Entspannungszustände hineingeführt werden. Dem Atem sollte man also eine gewisse Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Bewertung Biomental-Feedback-Gerät:

Plus:

  • Klang- und Lichtfeedback
  • Soundvielfalt
  • Einfache Bedienung
  • Behutsamer Fade Out der Sitzung

Minus:

  • Hoher Preis
  • Kabelwirrwahr
  • Augenbrille drückt etwas

Weiterführendes

Stichwörter

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