Sopha Selbsthilfe

Außenübungen (in vivo)

Außenübungen finden direkt in der Alltagssituation statt. Man begibt sich also in konkrete Situationen, die einen beängstigen oder unangenehm sind. Nicht, weil man sich damit quälen will, sondern weil man etwas dazulernen möchte, damit die Ängste vor solchen Situationen geringer werden oder sich ganz auflösen. Es kann sogar sein, dass Situationen, die einem mal Angst gemacht haben, irgendwann sogar richtig Spaß machen.

Außenübungen meint, dass wir nicht in einem "Schutzraum Selbsthilfegruppe" was ausprobieren, sondern uns direkt in Alltagssituationen begeben. Hierfür gibt es den Begriff in vivo, was soviel heißt, wie "Übungen im Feld", also direkt dort, wo die Probleme auftauchen. Viele Übungen finden bei Sozialphobie tatsächlich draußen statt, z.B. im Geschäft, auf Ämtern, in der Fußgängerzone, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Disco. Es gibt aber auch Übungen, die man zu Hause machen kann, z.B. telefonieren.

Unsere Erfahrung ist, dass Übungen zwar notwendig sind, um sich zu verbessern, üben alleine aber nicht ausreicht. Wie wir denken, wahrnehmen und bewerten, spielt eine große Rolle. Wer in Übungen eigentlich gut ist, sich aber als ganz schlecht erlebt, wird kaum Fortschritte machen können. Deshalb ist es auch immer wichtig, in der Selbsthilfegruppe oder mit einem Therapeuten über die gemachten Erfahrungen zu sprechen. Hier kann man dann wertvolle Impulse bekommen, um sich auch auf der Bewusstseinsebene zu verändern.

Übungen sind immer auch wieder Experimentierfeld, in denen man kreativ werden kann. Man kann neue Verhaltensweisen ausprobieren oder auf bestimmte Dinge achten, die einem vielleicht noch nie aufgefallen sind.

Hier wollen wir Stück für Stück Anregungen für Übungen geben.

Übungen

Beratung im Geschäft

Sich im Geschäft beraten zu lassen, ist eine sehr gute Übungssituation. Denn typischerweise ist uns der Verkäufer wohlgesonnnen, er will ja was verkaufen. Es ist auch völlig normal, dass man hier einen fremden Menschen anspricht und um Hilfe bittet. Und wir können das so oft wir wollen in unterschiedlichsten Geschäften wiederholen.

Anregungen:

  • Lass dich ein paar Minuten beraten, frag öfters mal nach, verabschiede dich dann aber höflich, ohne was zu kaufen. Beispiel: "Vielen Dank. Das hilft mir schonmal gut weiter. Ich schau mich noch ein wenig um." oder "Da haben Sie mir gut weitergeholfen, ich werd mal noch etwas drüber nachdenken." oder "Jetzt weiß ich gut bescheid. Ich werd noch eine Nacht drüber schlafen. Danke."
  • Vielleicht spannst du dich in solchen Situation stark an. Achte jetzt vor allem auf deinen Körper, entspanne dich in die Gesprächssituation hinein. Lass los. Entwickle auch im Bewusstsein eine entspannte und lockere Haltung. Aber Achtung: Loslassen kann man nicht erzwingen und machen, loslassen geschieht durch los lassen. Das kann man durchaus lernen, aber nicht, in dem man sich anstrengt.
  • Entwickle eine freudige Stimmung in dir, lächle auch mal im Gespräch oder mach eine witzige Bemerkung. Lachen lockert auf, macht das Gespräch leicht.
  • Achte darauf, laut genug und deutlich zu sprechen. Achte darauf, ob Menschen dich vielleicht öfters nicht richtig verstehen. Versuche zu ergründen, woran das liegt. Laut genug und deutlich sprechen lernen ist etwas, was meist nur Übung braucht. Und natürlich erstmal die Achtsamkeit darauf.
  • Versuch dich mal darin, nicht nett und lieb zu sein, sondern mal eine andere Position einzunehmen. Beispiele: "Das, was sie mir so gezeigt haben, trifft nicht mein Geschmack. Danke, ich werd nochmal woanders gucken." oder "Das Teil finde ich nicht schlecht, ist mir aber deutlich zu teuer. Das ist es in meinen Augen nicht wert." oder "Was mich bei den meisten neuen Geräten stört, sind die klappernden Tasten."

Themen, die auftauchen können:

  • Ich traue mich nicht, mich zuzumuten. Ich bin es nicht wert, dass sich jemand für mich Zeit nimmt. Ich möchte möglichst schnell aus dem Gespräch raus, um keine Last mehr zu sein.
  • Mir ist es unangenehm, so im Mittelpunkt und in der Aufmerksamkeit eines Verkäufers zu stehen.
  • Ich kann mich nicht abgrenzen, verliere mich im Gespräch. Ich kann kein Gegenüber mit eigener Meinung bleiben, sondern rede dem Verkäufer nur noch nach dem Mund.
  • Ich kann nicht eine Beratung in Anspruch nehmen, ohne dann was zu kaufen.
  • Ich rede zu leise oder zu undeutlich, so dass der Verkäufer mich nicht richtig verstehen kann.
  • Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und sagen, was ich suche und will.

Smalltalk im Geschäft

Es gibt immer wieder Situationen in Geschäften, wo man gut Smalltalk halten kann. Wenn es beim Bäcker oder Fleischer gerade leer ist, bietet es sich an. Oder in einem anderen kleinen Laden, wo ein Verkäufer gerade wenig zu tun hat. Aktuelle Themen sind gut geeignet, um in ein unverbindliches kurzes Gespräch einzusteigen.

Smalltalk an der Bushaltestelle

Wo Menschen warten und nichts zu tun haben, kann man immer gut ins Gespräch kommen. Hier könnte man sich informieren, wann der Bus kommt. Oder man greift irgendwas aus dem aktuellen Moment auf, was einem gerade auffällt.

...wird fortgesetzt